Dr. Sebastian Engels, Rechtsanwalt bei BOEHMERT & BOEHMERT

Dr. Sebastian Engels

Peter Gross, Rechtsanwalt bei BOEHMERT & BOEHMERT

Peter Gross, LL.M. (Aberdeen)

Neues Gesetz zur Stär­­­kung des Verbraucher­­­schutzes

Am 28. Mai 2022 tritt das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht in Kraft. Durch diese UWG-Reform werden die Vorgaben der „Omnibus“ Richtlinie (EU) 2019/2161 (Änderungsrichtline zur UGP-Richtlinie) in nationales Recht umgesetzt. Das Gesetz enthält verschiedene praxisrelevante Neuerungen, insbesondere zum Marketing durch Influencer und zum Transparenzgebot für Online-Marktplätze und für Verbraucherbewertungen. Die wichtigsten Änderungen sollen nachfolgend in einem kurzen Überblick dargestellt werden.

1. Klarstellung zu Hinweispflichten beim Influencer Marketing

Der neue § 5a Abs. 4 UWG regelt künftig Hinweispflichten beim Influencer Marketing. Nach dieser Vorschrift unlauter handelt, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Klarstellend liegt ein kommerzieller Zweck zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung erhält oder sich versprechen lässt. Allerdings wird der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung vermutet, sofern der Handelnde nicht glaubhaft macht, dass er eine solche nicht erhalten hat.

Kurz gesagt: Erhält der Influencer keine Gegenleistung, handelt er auch nicht zu kommerziellen Zecken und muss seine Beiträge auch nicht in sozialen Medien als Werbung kennzeichnen. Aufgrund der festgeschriebenen gesetzlichen Vermutung des Erhalts/Versprechens einer Gegenleistung wird der Influencer aber stets zum Fehlen vortragen müssen, wenn seine Beiträge nicht als Werbung gekennzeichnet sind. Für Unternehmen gilt unabhängig von dieser Neuregelung, dass stets darauf geachtet werden muss, in Verträgen mit Influencern diese zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Werbekennzeichnung zu verpflichten, um eigene Haftungsrisiken zu minimieren.

2. Transparenzgebot für Online-Marktplätze und Vergleichs- und Vermittlungsportale

Gemäß § 5b Abs. 2 UWG müssen Online-Marktplätze wie Amazon und eBay sowie Vergleichs- und Vermittlungsportale zukünftig über die Hauptparameter der Festlegung ihres Rankings und die Gewichtung dieser Parameter im Vergleich zu anderen Parametern informieren. Auf diese Weise soll Transparenz im Onlinehandel geschaffen werden. Es handelt sich um wesentliche Informationen, die im Falle der Nichtbereitstellung einen Unterlassungsanspruch begründen. Die Informationen müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein.

3. Transparenzgebot bei Verbraucherbewertungen

Positive Verbraucherbewertungen sind bekanntlich ein wirksames Werbemittel. Der neue § 5b Abs. 3 UWG soll nun der Verwendung unrichtiger – also „gefakter“ – Bewertungen entgegenwirken. Für den Fall, dass ein Unternehmer Verbraucherbewertungen zugänglich macht, muss darüber informiert werden, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben. Den Unternehmer trifft also eine Informationspflicht, wobei er jedoch nicht gehalten ist, Verbraucherbewertungen, die er zugänglich macht, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

4. Schadensersatzanspruch für Verbraucher nach § 9 Abs. 2 UWG

Nach EU-Vorgaben ist Verbrauchern Zugang zu angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen, einschließlich Ersatz des entstandenen Schadens sowie gegebenenfalls Preisminderung oder Beendigung des Vertrages zu gewährleisten. Hier setzt der neue § 9 Abs. 2 UWG an. Im Falle von Wettbewerbsverstößen wird Verbrauchern nun ein individueller Schadensersatzanspruch gewährt. Voraussetzung ist, dass eine schuldhafte, nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen wird und der Verbraucher hierdurch zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wird, die andernfalls nicht getroffen worden wäre. Der Schadensersatzanspruch verjährt in einem Jahr und schließt weitergehende Ersatzansprüche aus anderen Gesetzen nicht aus. Einschränkend gilt der Schadensersatzanspruch jedoch nicht für Wettbewerbsverstöße nach §§ 3a, 4, 6 UWG sowie nach Nummer 32 des Anhangs. Dies meint die Fälle des Rechtsbruchs, des Mitbewerberschutzes, der vergleichenden Werbung sowie der Aufforderung zur Zahlung bei unerbetenen Besuchen in der Wohnung eines Verbrauchers am Tag des Vertragsschlusses.

5. Weitere Änderungen

Neben den vorstehenden Neuregelungen werden mit der Reform unter anderem auch die unter § 2 UWG aufgeführten Definitionen neu geordnet und teilweise geändert. So wird beispielsweise klargestellt, dass sich der Begriff der geschäftlichen Handlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) auch auf digitale Waren und Dienstleitungen bezieht. Die Irreführungsvorschriften in §§ 5, 5a und 5b UWG werden zudem neustrukturiert und -gestaltet. Hier war der Gesetzgeber um mehr Struktur bemüht. Weiter wird die „Schwarze Liste“ im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG angepasst und ergänzt.

Wir beraten Sie gerne zu den praktischen Folgen dieser Gesetzesänderung und der Umsetzung für Ihr Unternehmen!

„Grundpreis für Fertigpackungen mit Konzentraten und pulverförmigen Inhalten anzugeben“ – Dr. Rudolf Böckenholt zu Urteil des VG Berlin in neuem GRUR-Prax Beitrag

Im Heft 8/2021 von „GRUR-Prax – Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht / Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht“ erörtert BOEHMERT & BOEHMERT Partner und Rechtsanwalt Dr. Rudolf Böckenholt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23.02.2021 (VG 4 86.19, BeckRS 2021, 4332) zur verpflichtenden Angabe eines Grundpreises auch für Fertigpackungen mit Trockenpulvern.

Das Gericht stellte fest, dass die Angabe eines Grundpreises zwar grundsätzlich von dem Umstand abhänge, dass eine Ware nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten werde. Dabei komme es jedoch nicht allein auf die Ware (im Sinne der trockenen Masse) an, sondern ergänzend auch auf Kennzeichnungspflichten aus anderen Rechtsgründen.

Demnach sei nicht nur auf die trockene Masse abzustellen, sondern auf das Volumen der verzehrfertigen Zubereitung oder die Masse der zur Zubereitung erforderlichen Flüssigkeit nach § 20 II FPackV. Bezogen auf diese Werte müsse ein Grundpreis angegeben werden.

Der Artikel von Dr. Böckenholt ist in der gedruckten Ausgabe der GRUR-Prax 8/2021 vom 21.04.2021 auf Seite 242 oder für Abonnenten von Beck-Online unter der Fundstelle GRUR 2021, 242 verfügbar.