1. Wie ist der aktuelle Stand?
Der Brexit rückt näher, aber es bleibt entscheidend, dass das Austrittsabkommen in UK ratifiziert und in nationales Recht umgesetzt wird. Das steht noch aus.
Am 28. Oktober 2019 ist eine Verschiebung des Brexit bis maximal zum 31. Januar 2020 vereinbart worden. So lange bleibt das UK Mitglied der EU und für Rechteinhaber ändert sich vorläufig nichts.
Die kurz zuvor am 17. Oktober 2019 erzielte politische Übereinkunft zwischen EU-Rat und UK-Regierung konnte nicht mehr fristgerecht bis Ende Oktober 2019 zu einem geregelten Austritt umgesetzt werden. Die erneute Fristverlängerung hing auch mit den inzwischen am 12. Dezember 2019 abgehaltenen Neuwahlen für das Unterhaus zusammen.
In der Sache wird es deshalb erst nach erfolgter Regierungs- und Parlamentsbildung weitergehen, vermutlich Anfang Januar 2020.
2. Welche Konsequenzen hat der Brexit für Marken und Designs?
Kommt es zum Brexit, werden alle Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster sowie die Pendants nach internationalen Verträgen für das Vereinigte Königreich wirkungslos.
Weitere Hintergründe finden Sie in vorangegangenen Newslettern zum Brexit.
Es sind inzwischen umfassende Regelungen erarbeitet worden, um negative Effekte für Rechteinhaber zu minimieren.
a) Unionsmarken
Alle bestehenden Eintragungen werden geklont, d.h. sie werden automatisch, kostenfrei, im vollständigen Schutzumfang und ohne Prüfung per Datentransfer in das britische Register übertragen.
Anhängige Anmeldungen begründen ein Nachanmelderecht, das innerhalb von 9 Monaten gegenüber dem UK-Register wahrgenommen werden kann. Eine solche Nachanmeldung ist grundsätzlich identisch zur Unionsanmeldung, durchläuft jedoch das normale nationale britische Anmeldeverfahren und löst insofern einschlägige Gebühren aus.
b) Gemeinschaftsgeschmacksmuster
Jede nicht endgültig erloschene Eintragung wird nach demselben Prinzip geklont. Am Austrittstag anhängige Anmeldungen von Gemeinschaftsgeschmacksmustern begründen ebenfalls ein neunmonatiges Nachanmelderecht. Bei EU-Anmeldungen mit aufgeschobener Veröffentlichung wird auch eine Nachanmeldung für 12 Monate im britischen Register aufgeschoben.
Nicht-eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster werden für deren verbleibende Schutzdauer als Continuing Unregistered Design fortgeführt. Zusätzlich wird für erste Veröffentlichungen im Vereinigten Königreich ein Supplementary Unregistered Design begründet, das nur dort gelten wird.
c) Internationale Registrierungen
Marken und Designs, die die EU beanspruchen, werden als Eintragung geklont bzw. begründen ein Nachanmelderecht, beides allerdings nur als nationales Recht. Es ist möglich, diesen nationalen Klon per nachträglicher Schutzerstreckung wieder in die bestehende Internationale Registrierung zu integrieren, was erneut Gebühren und ein weiteres Prüfungsverfahren auslöst.
3. Besteht akuter Handlungsbedarf?
Nein. Die geschilderten Regelungen sollen selbst dann eingreifen, wenn es zu einem ungeregelten Brexit ohne Austrittsabkommen kommt. Allerdings: Durch die Klone und Nachanmeldungen kann sich die Zahl der Schutzrechte verdoppeln, wenn das bisherige Niveau des Schutzes in der EU in UK aufrechterhalten wird.
Das macht es sinnvoll, sich frühzeitig mit dem Portfolio zu befassen und zu entscheiden, welche Rechte in UK sinnvoll sind. Zu diesem Zweck werden wir rechtzeitig eine Auswertung der relevanten Schutzrechte versenden.
Redundante Schutzrechte können aufgegeben werden (opt-out), relevante Schutzrechte nachangemeldet (opt-in). Etwa laufende Prioritäts- und Verlängerungsfristen werden gesondert berücksichtigt werden.
Ein weiterer, lokaler Vertreter wird nicht benötigt. Von uns vertretene Unionsschutzrechte können wir auch in Bezug auf die geklonten britischen Rechte und die Nachanmeldungen beim UK-Markenamt vertreten. Es entspricht dem erklärten Ziel des Vereinigten Königreichs, für die Rechteinhaber insoweit keinen weiteren Aufwand auszulösen. Wir sind Ansprechpartner für das Amt und werden die Interessen der Rechteinhaber kompetent wahrnehmen können.
4. Weitere Informationen gewünscht?
Schutzrechtsbezogene Verträge, Erschöpfung und Vertriebsketten sowie weitere Themen, die weniger zeitkritisch sind, werden wir gesondert behandeln.