Ergänzende Schutzzertifikate jetzt auch in Kanada
Ergänzende Schutzzertifikate (auch bekannt als SPC) haben neben Patenten eine besondere Bedeutung für die Pharma- und Biotech-Industrie, da sie in Europa nach Ende der Laufzeit eines Basispatents bis zu fünf weitere Jahre Schutz für zugelassene Medikamente verleihen können. Infolge des CETA-Übereinkommens zwischen Kanada und der Europäischen Union besteht nun die Möglichkeit, auch in Kanada ergänzende Schutzzertifikate zu beantragen.
In Folge des Abschlusses des Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) mit der Europäischen Union hat Kanada ein neues, unabhängiges Schutzrecht eingeführt. Das Certificate of Supplementary Protection (CSP) kann die Schutzdauer in Kanada um maximal zwei Jahre verlängern, während die zusätzliche Schutzdauer in Europa bis zu fünf Jahre beträgt.
Die gebührenpflichtigen CSPs können auf Grundlage von Patenten genehmigt werden, die zumindest einen Anspruch auf einen Wirkstoff oder eine Kombination von Wirkstoffen per se oder auf die Verwendung davon in einem zugelassenen Medikament umfassen, für das eine Notice of Compliance (NOC) erteilt wurde.
Die CSPs können ferner basierend auf Patenten auf pharmazeutische Erzeugnisse, biologische Wirkstoffe und veterinärmedizinische Medikamente erteilt werden, natürlich unter der Voraussetzung, dass ein entsprechendes Medikament durch die zuständigen kanadischen Behörden (d.h. Health Canada) zugelassen wurde.
Der Antrag auf ein CSP muss vor Ablauf einer Frist von 120 Tagen eingereicht werden, die am Tag der Erteilung der NOC im Anschluss an das Zulassungsverfahren für das Medikament beziehungsweise am Tag der Patenterteilung zu laufen beginnt, wenn das Patent nach der Genehmigung mittels NOC erteilt wird. Diese Frist kann nicht verlängert werden.
Es ist zwingend erforderlich, dass der Wirkstoff oder die Kombination von Zutaten nicht zuvor in Kanada zugelassen wurde. Der Antrag auf Marktzulassung in Kanada muss außerdem innerhalb von 12 Monaten nach einer entsprechenden Beantragung auf Marktzulassung in der Europäischen Union oder in einem ihrer Mitgliedstaaten, den Vereinigten Staaten von Amerika, Australien, der Schweiz oder Japan eingereicht worden sein, um für ein CSP in Frage zu kommen. Die 12-Monatsfrist kann auf 24 Monate verlängert werden, wenn der Antrag auf ein CSP vor dem 21. September 2018 gestellt wird.
Die Möglichkeit des neuen Schutzrechts ist für pharmazeutische oder biomedizinische Innovatoren besonders wichtig. Es wird geschätzt, dass die Entwicklung neuer Medikamente mindestens mehrere hundert Millionen US-Dollar kostet. Genehmigte Arzneimittel, die durch ein Patent geschützt sind, haben tendenziell zum Ende der konventionellen Patentlaufzeit von 20 Jahren einen höheren Umsatz. Die Möglichkeit, eine Verlängerung des Schutzdauer von zwei Jahren mittels eines CSP zu erhalten, kann das Return of Investment für die Entwicklung eines Medikaments wesentlich erhöhen.
Des Weiteren besteht in Kanada, vergleichbar mit dem Orange Book in den Vereinigten Staaten von Amerika, die Möglichkeit, Patente gebührenfrei in ein Patentregister (Patent Register) aufnehmen zu lassen. Entsprechende Patente müssen mindestens einen Anspruch umfassen auf einen medizinischen Inhaltsstoff, eine Formulierung, eine Dosierungsform, oder die Verwendung eines medizinischen Inhaltsstoffs eines Medikaments, für das eine NOC erlassen wurde oder für das ein NOC-Verfahren anhängig ist. Eine Patentliste (Form IV) muss Health Canada übermittelt werden, um das entsprechende Patent im Patentregister aufzuführen. Das Schreiben mit der Form IV muss innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von nur 30 Tagen nach Patenterteilung eingereicht worden sein.
Die Informationen über die hinterlegten Patente im Patentregister stellen insbesondere eine Hürde für Generikahersteller dar und können den Markteintritt von Konkurrenzprodukten verzögern.
Fazit
Angesichts der äußerst knapp bemessenen Fristen für die Beantragung von CSPs beziehungsweise der Aufnahme von erteilten Patenten in das Patentregister sollten Patentanmelder in Kanada, die über eine Marktzulassung auf ein Medikament verfügen, oder die diese beantragt haben, sehr aufmerksam darauf achten, entsprechende Anträge rechtzeitig zu stellen.
Dr. Lüder Behrens
Patentanwalt, Berlin