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Open Source Software in Elektronikartikeln: Frei von Kosten jedoch nicht von Risiken

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 Urheberrecht

Open Source Software ist nicht nur in vielen komplexeren Softwareprodukten enthalten, auch die Firmware praktisch eines jeden Elektronikartikels kommt kaum ohne sie aus. Trotz der Möglichkeit der vergütungsfreien Nutzung unterliegt die Verwendung von Open Source Codes dabei einer Reihe teilweise schwer verständlicher und umsetzbarer Vorgaben, deren Nichteinhaltung zum Verlust der Lizenz führt und damit auch das Risiko beinhaltet, dass das Produkt, in dem die Firmware verbaut ist, mit einem Vertriebsverbot belegt wird, ganz zu schweigen von etwaigen Schadenersatzansprüchen. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Einkauf oder der weitgehend eigenständigen Produktion von Elektronikartikeln durch Dritte sind daher rechtzeitige Compliance Maßnahmen angezeigt, um nicht zum Ziel finanziell orientierter Abmahnungen zu werden, wie sie insbesondere im Hinblick auf Linux basierende Firmware vermehrt festzustellen sind.

Open Source Software ist im wirtschaftlichen Alltag allgegenwärtig. Die sogenannte Open Source Community, die ständig an der Weiterentwicklung und Verfeinerung entsprechender Softwarecodes arbeitet, besteht dabei längst nicht mehr aus idealistisch getriebenen Informatikern, die unter einem Haufen von Pizzakartons und Energy Drinks in ihre Tastaturen hauen. Vielmehr wird ein Großteil der wichtigsten Open Source Projekte mittlerweile unter anderem durch wirtschaftlich denkende internationale Großunternehmen vorangetrieben, welche für ihre Produkte auf flexibel einsetzbare und leicht anpassbare offene Softwarestandards setzen und die „Schwarmintelligenz“ der Community gezielt für die Lösung individueller Probleme nutzen.

Doch auch nicht selbst in der Softwareentwicklung involvierte Unternehmen profitieren in großem Umfang von der freien Nutzbarkeit von Open Source Softwarecodes, teilweise sogar ohne dass ihnen dies wirklich bewusst ist. Dies gilt insbesondere für Hersteller und Händler von Elektronikartikeln aller Art. Moderne Elektronikartikel sind multifunktionale Produkte, die dem Nutzer eine Vielzahl von Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten bieten, welche mittels einer integrierten Firmware gesteuert werden. Die Firmware von Elektronikartikeln basiert dabei sehr häufig ganz oder in Teilen auf Open Source Software, nicht zuletzt z.B. dem Betriebssystem Linux, die unter den Bedingungen einer Open Source Lizenz zur vergütungsfreien Nutzung auch im gewerblichen Bereich angeboten wird.

Der Verzicht auf eine Lizenzvergütung führt leider bei vielen Elektronikartikelherstellern zu der naheliegenden Fehlvorstellung, die Nutzung der entsprechenden Softwarecodes sei frei von jeglichen Vorgaben möglich. Das Gegenteil ist der Fall: Open Source Lizenzen, wie die weit verbreitete GPL (General Public License), sind hochkomplexe Rechtstexte, die dem Nutzer eine Vielzahl schwer verständlicher und teilweise unklarer Vorgaben auferlegen, deren Nichteinhaltung zum vollständigen Verlust der Lizenz und damit potentiell zu Vertriebsverboten und Schadenersatzansprüchen führen.

Als problematisch erweist sich dabei häufig schon die fehlende Kenntnis davon, dass die Firmware eines zugekauften Produktes oder eines zugekauften Bauteils Open Source Codes enthält. Ist diese Kenntnis vorhanden, besteht die nächste wesentliche Hürde darin, den vollständigen, maschinenlesbaren Quellcode der Firmware mit jedem Produkt vollständig zur Verfügung zu stellen, wie es praktisch alle Open Source Lizenzen verlangen (sog. „Copylefteffekt“). Insbesondere für kleine und mittelständische Hersteller stellt diese Vorgabe ein unkalkulierbares und zumeist unentdecktes Haftungsrisiko dar, weil sie ihre Produkte aus Kostengründen weitgehend selbstständig durch ausländische Produzenten, vorzugsweise aus dem asiatischen Raum, produzieren lassen. Die Produzenten wiederum greifen auf einen Pool von Zulieferern zurück, von denen sie neben den entsprechenden Bauteilen auch die zugehörige Firmware erhalten, die je nach den konkreten Bedürfnissen aus eigens vorgehaltenen Softwarebaukästen zusammengestellt wird, welche zu großen Teilen aus frei erhältlicher Open Source Software bestehen. Für den hiesigen Elektronikhersteller ist es letztlich kaum möglich, genaue Informationen über die Verwendung von Open Source Software, geschweige denn einen vollständigen und maschinenlesbaren Quellcode zu erhalten. Werden auf Nachfrage Quellcodes zur Verfügung gestellt, erweisen sich diese bei näherer Analyse zumeist als unvollständig oder fehlerhaft.

Über dem Vertrieb solcher „eingekaufter“ Elektronikartikel schwebt damit stets das Damoklesschwert urheberrechtlicher Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche. Dass es sich dabei tatsächlich nicht um eine rein sprichwörtliche Bedrohung handelt, mussten in den letzten Jahren bereits eine Reihe namhafter Elektronikhersteller feststellen, die sich mit Abmahnungen und Klagen einzelner Urheber von Open Source Software konfrontiert sahen. Während diese Klagen ursprünglich überwiegend dem legitimen Interesse an der generellen Durchsetzung von Open Source Vorgaben dienten, ist in jüngster Zeit leider immer häufiger festzustellen, dass es auch unter den weißen Rittern der Open Source Szene eine Reihe von Raubrittern gibt. Diese haben das oben dargestellte Dilemma der Elektronikartikelhersteller erkannt und nutzen dieses gezielt dazu aus, zunächst Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche geltend zu machen, um dann auf Grundlage einer strafbewehrten Unterlassungserklärung Vertragsstrafen einzufordern. Die geltend gemachten Forderungen summieren sich so schnell auf hohe fünf- bis sechsstellige Beträge.

Verhindern lässt sich dies letztlich nur durch eine frühzeitige Compliance, bei der die Produktionskette bis zum letzten Glied für die Problematik sensibilisiert und durch geeignete Kontrollprozesse sichergestellt wird, dass die Vorgaben der einschlägigen Open Source Lizenzen für jedes einzelne Produkt eingehalten werden. Es bedarf keiner Erläuterung, dass der damit einhergehende personelle und finanzielle Aufwand nicht nur von den betroffenen Elektronikartikelherstellern sondern insbesondere durch deren Produzenten im Ausland gescheut wird. Letztere tendieren dazu, die gesamte Problematik – tausende Kilometer entfernt und für eine rechtliche Inanspruchnahme zumeist schwer erreichbar – deutlich entspannter zu betrachten. Unsere Erfahrungen zeigen jedoch, dass der fahrlässige Umgang mit Open Source Firmware oft unbemerkt zu einem erheblichen Haftungsrisiko werden kann. Wenn letztlich eine Abmahnung auf dem Tisch liegt, können meist nicht mehr in der erforderlichen Zeit geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um größere Schäden abzuwenden. Es ist daher in jedem Fall zu empfehlen, die Problematik proaktiv anzugehen und vorbeugend Compliance Maßnahmen zu treffen.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 16:05:442022-08-17 15:23:35Open Source Software in Elektronikartikeln: Frei von Kosten jedoch nicht von Risiken

YouTube ist ein Hosting-Provider – jedoch einer mit umfangreichen Sorgfaltspflichten

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 Urheberrecht

YouTube ist die bekannteste Video-Sharing-Website der Welt. Da sie nicht gänzlich frei von Videos ist, die die Urheberrechte Dritter verletzen, ist YouTube auch Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten auf der ganzen Welt. Umstritten ist, in welchem Rahmen YouTube haftbar gemacht werden kann: Wegen direkter Urheberrechtsverletzung (als Täter)? Oder bloß wegen mittelbarer Urheberrechtsverletzung, die weitere Bedingungen für die Annahme einer Haftung voraussetzt? Zwei deutsche Gerichte – das OLG Hamburg und das LG München I – haben diese interessanten Fragen fast zeitgleich für das deutsche Recht entschieden.

Zusammenfassend haben beide Gerichte weder eine Haftung als Täter noch als mittelbarer Täter angenommen. Das OLG Hamburg kam jedoch zu dem Ergebnis, dass YouTube im Rahmen der Störerhaftung, die im deutschen Recht ein Institut der mittelbaren Haftung darstellt, haftet. Die Störerhaftung lässt ausschließlich Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche zu und erfordert in diesem Fall, dass YouTube nach Kenntniserlangung von einer klaren Rechtsverletzung nicht nur die Pflicht hat, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren (sog. Takedown) und eine Wiederholung der identischen Verletzung zu verhindern (sog. Staydown), sondern auch Vorsorge zu treffen, dass es nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Aufgrund seines Geschäftsmodells, das wesentlich von dem eines echten Hosting-Providers abweicht, sieht sich YouTube im Rahmen der Störerhaftung einer weitaus umfangreicheren Sorgfaltspflicht ausgesetzt.

1. OLG Hamburg, Urteil vom 1. Juli 2015 – 5 U 87/12

Der Fall vor dem OLG Hamburg betraf verschiedene Verletzungen von Urheberrechten an Musikwerken, die mittels YouTube durch die Nutzer der Plattform begangen wurden. Als Inhaberin ausschließlicher Rechte hatte die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA YouTube verklagt.

a) Keine unmittelbare Haftung als Täter

Das OLG Hamburg lehnte eine unmittelbare Haftung YouTubes als Täter der Urheberrechtsverletzungen aus folgenden Gründen ab:

Die maßgebliche Tathandlung des öffentlichen Zugänglichmachens der Werke sei nicht von YouTube selbst, sondern von den YouTube-Nutzern vorgenommen worden.

YouTube habe sich den Inhalt seiner Nutzer nicht „zu eigen“ gemacht. Nach der Rechtsprechung des BGH in „marions-kochbuch.de“ kann der Akt des „Zu-eigen-machens“ des Inhalts eine täterschaftliche Haftung begründen. In den Augen des OLG Hamburg waren im Einzelnen die folgenden Faktoren entscheidend für seine Feststellung: Der gesamte Upload-Prozess sei automatisiert und es fände keine Qualitätskontrolle durch YouTube statt. Des Weiteren seien die redaktionelle Struktur und die Video-Vorschläge für Nutzer nicht ausreichend für die Annahme eines „Zu-eigen-machens“.

Eine täterschaftliche Verantwortlichkeit ergebe sich auch nicht aus einer „aktiven Rolle“ im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zu L‘Oreal./.eBay (C-324/09). Nach dem OLG Hamburg ging es bei der EuGH-Rechtsprechung um Haftungsprivilegien, das heißt Ausnahmen von der Haftung und nicht um die Bestimmung der unmittelbaren oder mittelbaren Rechtsverletzung. Über die Bestimmung der Rechtsverletzung (einschließlich der Bestimmung der direkten Rechtsverletzung) zu entscheiden, bleibe eine nationale Angelegenheit. Ferner reiche die Erlangung kommerziellen Gewinns aufgrund des angebotenen Inhalts nicht aus, um eine Täterschaft anzunehmen.

Interessanterweise führte das OLG Hamburg später aus, dass das Haftungsprivileg für Hosting-Provider (Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie und dessen deutsche Umsetzung in Art. 10 TMG) nicht länger auf YouTube angewandt werden könne, da YouTube durch die Sortierung, Strukturierung und Filterung der vielfältigen Angebote „fremde Inhalte wie eigene Inhalte präsentiert“. Gleichwohl reicht dieser Ansatz nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um eine Verantwortlichkeit als Täter anzunehmen.

b) Haftung als mittelbarer Täter

Nach Ansicht des Gerichts haftet YouTube auch nicht als mittelbarer Täter.

Insbesondere reiche der Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, nach Inkenntnissetzung von einer Urheberrechtsverletzung weitere gleichartige Rechtsverletzungen zu vermeiden, für die Annahme einer mittelbaren Täterschaft nicht aus.
Das OLG Hamburg verlangte eine tatsächliche Kenntnis von der konkreten Urheberrechtsverletzung, die sich ausschließlich auf die einzelne Rechtsverletzung bezieht und beschränkt.
Wenn diese Rechtsverletzung beendet ist, erscheint keine mittelbare Täterschaft mehr möglich.

c) Haftung im Rahmen der „Störerhaftung“

Die Störerhaftung stellt im deutschen Recht ein spezielles Institut der mittelbaren Haftung dar, das ausschließlich Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gewährt, nicht jedoch Schadensersatzansprüche. So ist es im Rahmen der Störerhaftung nicht möglich, Erträge (z.B. durch Werbung), die YouTube in dem Zeitraum, in dem der Inhalt widerrechtlich angeboten wurde, generiert hat, zu erhalten.

Die Störerhaftung setzt eine Sorgfaltspflichtverletzung nach Inkenntnissetzung von einer Urheberrechtsverletzung voraus. Diese Sorgfaltspflicht, die mit der Inkenntnissetzung entsteht, schließt nicht nur die Sperrung des konkreten Angebots (sog. Takedown), sondern auch die Verhinderung der identischen Verletzung (sog. Staydown) und die Vorsorge, dass es nicht zu gleichartigen, offensichtlichen Rechtsverletzungen kommt, ein. Dieses Prinzip fand nach Meinung des Gerichts im Fall YouTube Anwendung.

Jedoch kommt an dieser Stelle der Unterschied zwischen YouTubes Geschäftsmodell und dem eines üblichen Hosting-Providers ins Spiel. Das OLG Hamburg erweiterte YouTubes Sorgfaltspflicht, weil es eine Plattform bietet, die Inhalte Dritter sehr attraktiv für Empfänger macht.

Die Ausführungen des Gerichts hinsichtlich YouTubes Filterpflichten (um weitere offensichtliche Rechtsverletzungen gleicher Art zu verhindern) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

YouTube muss von einer klaren Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt werden. In diesem Fall hat YouTube nicht nur die Pflicht, das Angebot unverzüglich zu sperren (sog. Takedown) und eine Wiederholung der identischen Verletzung zu verhindern (sog. Staydown), sondern auch, gleichartige weitere Rechtsverletzung das gleiche Werk betreffend zu verhindern.

Die Verhinderungspflichten beziehen sich nicht auf eine bestimmte Aufnahme des musikalischen Werks, die als Rechtsverletzung angezeigt wird, sondern auf das musikalische Werk als solches (ungeachtet der konkreten Aufnahme). Anders ausgedrückt muss YouTube alle Aufnahmen in Form eines Videos filtern, wenn eine Inkenntnissetzung bezüglich einer rechtsverletzenden Aufnahme vorliegt.

Überraschenderweise erkannte das Gericht nur eine Sorgfaltspflicht für neue Urheberrechtsverletzungen, das heißt für Rechtsverletzungen, die nach Inkenntnissetzung auf YouTube hochgeladen werden. Es gebe keine Sorgfaltspflicht für YouTube, Urheberrechtsverletzungen zu filtern, die bereits bei Inkenntnissetzung auf YouTube existierten. Fraglich ist, ob dies in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH zum Umfang der Verhinderungspflichten steht.

Hinsichtlich der Filtermethoden und deren Verhältnismäßigkeit wägte das Gericht zwischen dem Schutz des Rechts am geistigen Eigentum, das Inhaber von Urheberrechten genießen, dem Schutz der unternehmerischen Freiheit und dem Schutz der Kommunikationsfreiheit der Nutzer ab.

Es ist interessant, dass das OLG Hamburg YouTube einerseits als „Gefahr geneigter Dienst“ betrachtete, andererseits das angebotene Geschäftsmodell als „in der Mitte der Gesellschaft“ stehend einordnete, da Markeninhaber wie Mercedes-Benz und Audi ihre Fahrzeuge auf den YouTube Kanälen bewerben. Das Gericht betonte noch einmal, dass YouTubes Geschäftsmodell von dem eines Hosting-Providers abweiche und, dass YouTube daher mit einer weitergehenden Sorgfaltspflicht konfrontiert sei.

Hinsichtlich der speziellen Filtermethoden habe YouTube die Wahl, welche Methode es anwenden wolle. Während ein Hash-Filter (MD5) als nicht ausreichende Filtermethode angesehen wurde, wurde die Methode „Content-ID“ vom Gericht als ausreichend bewertet, um den Sorgfaltspflichten nachzukommen. Interessanterweise meinte das Gericht, es sei YouTubes Aufgabe, die notwendigen Referenzdateien für das Content-ID-Verfahren zu erhalten und mit diesem Verfahren zu arbeiten, auch ohne die Hilfe der Rechteinhaber. Die Rechteinhaber haben YouTube lediglich hinreichend in Kenntnis zu setzen. Das Gericht diskutierte außerdem die Frage, ob auch ein Wortfilter angewandt werden müsse. Das Gericht sah in der dahingehenden Weigerung YouTubes eine Verletzung der Sorgfaltspflicht. Das Content-ID-Verfahren sei in diesem Fall nicht ausreichend, da es andere Aufnahmen des gleichen musikalischen Werkes nicht erkennen könne (siehe oben).

Des Weiteren kommentierte das OLG Hamburg YouTubes „Dispute-Verfahren“. Dieses wurde vom Gericht kritisiert, da in den Fällen, in denen der Nutzer einer Sperrung widerspricht, die Datei wieder hochgeladen und freigeschaltet wird. Interessanterweise erwähnt die Entscheidung, dass der in Kenntnis gesetzte Nutzer nur in 2% der Fälle einer solchen Sperrung widerspricht.

Am Ende seiner Ausführungen zu den verfügbaren Filtermethoden erklärte das Gericht, warum das Content-ID-Verfahren und ein Wortfilter das Verbot der allgemeinen Überwachungspflicht nach Art. 15 E-Commerce-Richtlinie nicht verletzten.

2. Landgericht München I, Urteil vom 30. Juni 2015 – 33 O 9639/14

In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die GEMA YouTube wegen der Verletzung von Urheberrechten an Musikvideos in Anspruch genommen. Diesmal klagte die GEMA jedoch nicht auf Unterlassung oder Beseitigung, sondern nur auf Schadensersatz und Auskunftserteilung, um den Schadensersatzanspruch berechnen zu können. Die deutsche Störerhaftung war in diesem Fall nicht Gegenstand der Diskussion, da diese ausschließlich Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche erfasst. Vielmehr hatte das LG München I allein darüber zu entscheiden, ob YouTube als Täter oder zumindest als mittelbarer Täter haftbar war. Unter diesen Umständen könnte die GEMA nach deutschem Recht Schadensersatz verlangen.

Am Ende verneinte das LG München I Ansprüche gegen YouTube als Täter. Die YouTube-Nutzer, die die Inhalte hochladen, seien die Täter. Des Weiteren vertrat das LG München I die Ansicht, dass sich YouTube den Nutzerinhalt nicht „zu eigen“ mache. In dieser Hinsicht entspricht diese Entscheidung der vorgenannten Entscheidung des OLG Hamburg.

Hinsichtlich der Haftung als mittelbarer Täter vertrat das LG München I die Auffassung, YouTube habe nicht den notwendigen Vorsatz gehabt. Auch an dieser Stelle ist die Entscheidung vergleichbar mit der des OLG Hamburg.

3. Aussicht

Das OLG Hamburg hat die Revision gegen die Entscheidung zugelassen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der BGH über die angemessene Haftung von YouTube im Falle urheberrechtsverletzender Videos auf YouTube entscheiden wird. Bislang gehen die Instanzgerichte davon aus, dass YouTube nicht direkt als Täter oder mittelbarer Täter haftbar ist, sondern alleine der Störerhaftung unterliegt. Jedoch könnte sich eine Haftung als mittelbarer Täter gegen YouTube etablieren, wenn YouTube es anhaltend verweigert, Videos nach Inkenntnissetzung zu sperren und die Verhinderung einer Wiederholung der identischen Verletzung sicherzustellen. Aber das erscheint allgemein betrachtet kein Problem mit YouTube zu sein.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 16:05:362022-08-18 13:47:02YouTube ist ein Hosting-Provider – jedoch einer mit umfangreichen Sorgfaltspflichten

Alle Unklarheiten besei­tigt – die Entscheidung G 3/14 der Großen Be­schwerdekammer

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 Patent- & Gebrauchsmusterrecht

In einer seiner jüngsten Entscheidungen (G 3/14) hat sich die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts mit offenen Fragen zur Möglichkeit von Klarheitseinwänden im Einspruchsverfahren auseinandergesetzt. Geklärt wurde die bisher nicht abschließend beantwortete Frage, ob und in welchem Maße geänderte Ansprüche im Einspruchsverfahren Ziel von Klarheitseinwänden sein können. Mit der nun ergangenen Entscheidung folgt die Große Beschwerdekammer im Wesentlichen der etablierten Rechtsprechungslinie der Beschwerdekammern des EPA.

Innerhalb von 9 Monaten nach Erteilung eines europäischen Patents kann dieses im Wege des Einspruchs angegriffen werden. Die Gründe, auf die ein solcher Einspruch gestützt werden kann, sind begrenzt. Gemäß Art. 100 EPÜ kann der Einspruch nur darauf gestützt werden, dass der Gegenstand des Patents nicht patentierbar – also im Wesentlichen nicht neu oder erfinderisch – ist, dass die Erfindung im Patent nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann, oder dass der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgeht.

Kein Einspruchsgrund ist hingegen die mangelnde Klarheit der erteilten Patentansprüche. Zwar fordert Art. 84 EPÜ, dass die Patentansprüche deutlich (d.h. klar) und knapp gefasst sind und von der Beschreibung gestützt werden, ein auf diese Vorschrift gestützter Angriff auf erteilte Patentansprüche im Einspruchsverfahren ist dennoch vom Gesetzgeber prinzipiell nicht vorgesehen.

Ein anderes kann sich allerdings ausnahmsweise dann ergeben, wenn der Patentinhaber das angegriffene Patent im Einspruchsverfahren auf Grundlage von geänderten Ansprüchen verteidigt. Gemäß Art. 101(3) EPÜ soll die Einspruchsabteilung in einem solchen Fall die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung nur beschließen, sofern die geänderten Ansprüche allen Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genügen. Diese Erfordernisse schließen auch die Klarheit der Ansprüche nach Art. 84 EPÜ mit ein.

Uneinigkeit bestand unter den verschiedenen Beschwerdekammern des EPA allerdings bislang, in welchem Ausmaß diese Vorschrift anzuwenden ist. Die Mehrheit der Beschwerdekammern legte in der Vergangenheit den Art. 101(3) EPÜ so aus, dass eine Prüfung hinsichtlich mangelnder Klarheit nur erlaubt sei, soweit die Unklarheit direkt aus der Änderung des Patentanspruchs entsteht. In einigen jüngeren Entscheidungen wurde hingegen die Ansicht vertreten, dass eine beliebige Anspruchsänderung eine vollständige Klarheitsprüfung sämtlicher Ansprüche erfordern soll. Hiernach wären also auch Patentansprüche und Teile derselben, die durch die Änderungen nicht betroffen sind, auf mangelnde Klarheit zu prüfen.

Dieser Richtungsstreit wurde nun von der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts zugunsten der „konventionellen Linie“ entschieden. Danach erfolgt eine Prüfung der Patentansprüche auf Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 84 EPÜ und damit auch des Klarheitserfordernisses nur dann, wenn und nur insoweit eine Änderung im Einspruchsverfahren zu einer Unklarheit führt (vgl. G 3/14 Amtl. Leitsatz und Rn. 85). Dies bedeutet, dass Klarheitseinwände im Einspruchsverfahren weiterhin nur in stark begrenztem Umfang erlaubt sind.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 12:04:542022-08-17 15:23:11Alle Unklarheiten besei­tigt – die Entscheidung G 3/14 der Großen Be­schwerdekammer

Neuigkeiten vom Ein­heitspatent

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 Patent- & Gebrauchsmusterrecht

Im Rahmen unseres Bulletins berichten wir in regelmäßigen Abständen (zuletzt in der Ausgabe September 2015) über den Weg zu einem einheitlichen europäischen Patentsystem. Jüngste Fortschritte umfassen insbesondere den überraschenden Entschluss Italiens zur Teilnahme und die Verabschiedung der Verfahrensordnung für das Gemeinschaftspatentgericht.

Das Gemeinschaftspatent soll zum ersten Mal einen einheitlichen Patentschutz für die Europäische Union schaffen. Einschließlich eines neuen Gerichtssystems, das Patente europaweit durchsetzen oder für ungültig erklären kann.

Italien stand den Plänen für ein Gemeinschaftspatent lange Zeit sehr kritisch gegenüber. Die Italiener störten sich insbesondere daran, dass Italienisch keine offizielle Sprache des neues Patentsystems sein wird, und hatten zusammen mit Spanien seit 2011 sogar versucht, das Einheitspatent vor dem Europäischen Gerichtshof zu stoppen. An einer zweiten Klage Spaniens, die im Jahr 2015 gescheitert ist, hatte sich Italien bereits nicht mehr beteiligt. Nun hat Italien die Kehrtwendung endgültig vollzogen und sich zum 30. September 2015 als 26ster Mitgliedsstaat dem Einheitspatent angeschlossen. Für das Gemeinschaftspatent und dessen Akzeptanz ist das ein großer Fortschritt, denn mit Italien kommt ein wirtschaftliches Schwergewicht hinzu, das bei den Patentvalidierungen europaweit (hinter Deutschland, Großbritannien und Frankreich) an vierter Stelle liegt. Unter den EU-Staaten fehlen nun lediglich noch Spanien und Kroatien.

Auch die Etablierung des neuen Gerichtssystems ist 2015 vorangekommen. Der achtzehnte Entwurf der Verfahrensordnung wurde im Oktober als endgültiger Entwurf angenommen. Damit steht nun (bis auf einige ausstehende Ergänzungen zu den Gerichtsgebühren) endgültig fest, nach welchen Regeln die Patentstreitverfahren und Patentnichtigkeitsverfahren vor dem neuen Gericht ablaufen werden. Zudem haben sich im Oktober sieben Mitgliedsstaaten (darunter Deutschland, Großbritannien und Frankreich) auf eine provisorische und vorzeitige Inkraftsetzung einiger Regelungen des Patentgerichtsübereinkommens geeinigt, damit beispielsweise die Auswahl und Fortbildung der Richter zügig voranschreiten kann und die nötige IT-Infrastruktur bereitgestellt werden kann.

Damit die Abkommen über das Gemeinschaftspatent und das Gemeinschaftspatentgericht endgültig in Kraft treten können, ist allerdings noch die Ratifizierung durch 13 Mitgliedsstaaten vonnöten. Neun Staaten haben bislang ratifiziert, darunter zuletzt Finnland im Januar 2016. Auch die deutsche Ratifizierung schreitet voran: Mitte Februar hat das Bundesjustizministerium den entsprechenden Gesetzesentwurf veröffentlicht. Gegenwärtig gehen wir davon aus, dass das Gemeinschaftspatent im Jahr 2017 Wirklichkeit werden wird – fast fünfzig Jahre nach den ersten Initiativen!

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 12:04:472022-08-17 15:23:19Neuigkeiten vom Ein­heitspatent

Land in Sicht? – Update zur rechtmäßigen Datenverarbeitung in den USA

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 Datenschutzrecht

Im Anschluss an die Unwirksamerklärung der Safe Harbor Regelung durch den EuGH im Oktober 2015 (vgl. unsere Sonderausgabe des B&B Bulletin, Oktober 2015) hat die Kommission am 2. Februar 2016 den Abschluss eines Nachfolgeabkommens, nämlich des „EU-US Datenschutzschilds“, bekannt gegeben. Dieses soll nach Ansicht der Kommission sämtlichen betroffenen Unternehmen, die aus der Europäischen Union personenbezogene Daten an ein Unternehmen oder einen Server mit Sitz in den USA übermitteln (z.B. bei Nutzung US-amerikanischer Cloudservices und sonstiger IT-bezogener Dienstleistungen), eine neue rechtssichere Grundlage für ihr Handeln bieten.

Nationale Regelungen auf Grundlage der ADR-Richtlinie

Die ADR-Richtlinie sollte von der Bundesregierung bis zum 09.07.2015 in deutsches Recht umgesetzt werden. Das betreffende Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) befindet sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren, ist allerdings erheblich im Verzug. Voraussichtlich werden die Regelungen des VSBG Anfang 2017 in Kraft treten.

Laut ADR-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass für inländische und grenzübergreifende Streitigkeiten zwischen in der EU wohnhaften Verbrauchern und in der EU niedergelassenen Unternehmen aus Kauf- und Dienstleistungsverträgen außergerichtliche Schlichtungsstellen geschaffen werden. Für Streitigkeiten zwischen Unternehmern ist das Streitbeilegungsverfahren nicht vorgesehen, da zwingend ein Verbraucher beteiligt sein muss. Die Richtlinie normiert die Mindestanforderungen für das Streitbeilegungsverfahren sowie für die Organisation und Ausstattung der unabhängigen und unparteiischen Schlichtungsstellen fest. Das Schlichtungsverfahren soll darüber hinaus transpar

Status Quo für Datentransfers in die USA

Mit Urteil vom 6. Oktober 2015 (Az.: C-362/14) hatte der Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) das bisherige Abkommen zum Austausch personenbezogener Daten zwischen der Europäischen Union und den USA (das „Safe Harbor Abkommen“) für unwirksam erklärt. Die Artikel 29 Datenschutzgruppe, deren Auffassung für die praktische Durchsetzung europäischen Datenschutzrechts eine entscheidende Rolle zukommt, setzte der Kommission und den betroffenen Unternehmen daraufhin eine „Schonfrist“ bis Ende Januar 2016, in welcher die Kommission zu einer bilateralen Lösung mit den USA kommen und die betroffenen Unternehmen ihre Datenschutzpraxis überarbeiten sollten. Sowohl die Artikel 29 Datenschutzgruppe, als auch die Kommission gehen davon aus, dass ein Datentransfer in die USA weiterhin, insbesondere mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen oder unter Nutzung der EU-Standardvertragsklauseln, zulässig sein sollte, obwohl in Bezug auf die EU-Standardvertragsklauseln teilweise Bedenken bestehen. Über weitere potentielle Möglichkeiten für einen rechtskonformen Datentransfer in die USA hatten wir in unserer Sonderausgabe zum B&B Bulletin berichtet.

Neues EU-US Datenschutzschild

Nur kurz nach Ablauf der gesetzten Schonfrist verkündete die Kommission am 2. Februar 2016 per Pressemitteilung nun den Abschluss eines neuen Datenschutzabkommens mit den USA, das EU-US Datenschutzschild. Das EU-US Datenschutzschild soll nach Aussage der Kommission die Antwort auf die Forderungen darstellen, die der EuGH in seinem Urteil vom 6. Oktober 2015 gestellt hatte, indem es strengere Auflagen an die datenverarbeitenden US Unternehmen stellt, höhere Transparenzauflagen für den Zugriff von US Behörden auf die Daten von EU-Bürgern vorsieht und wirksame Rechtsbehelfe für EU Bürger in den USA enthält. Nähere Informationen zu dem neuen Abkommen mit den USA sind bislang nicht bekannt. Die Kommission wird jedoch in den nächsten drei Monaten einen Kommissionsbeschluss entwerfen, der die näheren Vorgaben des EU-US Datenschutzschilds regeln wird. Gleichzeitig wird dieser Beschluss die Vergleichbarkeit des Datenschutzniveaus auf Grundlage der Vorgaben des EU-US Datenschutzschilds mit den europäischen Datenschutzregelungen feststellen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 6. Oktober 2015 allerdings ausdrücklich festgestellt, dass ein Urteil über die Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung zur Feststellung eines vergleichbaren Datenschutzniveaus allein dem Gerichtshof und nicht den nationalen Datenschutzbehörden oder Gerichten obliegt. Unabhängig von der Frage, ob die neue Vereinbarung tatsächlich den Vorgaben des EuGH entspricht, wird ein solcher Kommissionsbeschluss aber, jedenfalls bis zu einem erneuten sich hiermit befassenden Urteil des EuGH, das frühestens in einigen Jahren zu erwarten wäre, eine rechtssichere Grundlage für den Datentransfer in die USA darstellen.

Ausblick

Mit Spannung darf also abgewartet werden, welche konkreten Vorgaben der Beschluss der Kommission zum EU-US Datenschutzschild enthalten wird. Da davon auszugehen ist, dass er jedenfalls auf absehbare Zeit eine rechtsichere Grundlage für den rechtlich problematischen, jedoch faktisch häufig unumgänglichen Datentransfer in die USA bildet, sollten sich Unternehmen mit Rechtsbeziehungen in die USA hiermit befassen. Es ist zu erwarten, dass sich eine Zusammenarbeit auf Grundlage des EU-US Datenschutzschilds in vielen Fällen als effektiver und praktikabler erweisen wird, als die momentan bestehenden Alternativen.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 12:04:402022-08-18 13:38:07Land in Sicht? – Update zur rechtmäßigen Datenverarbeitung in den USA

Der Bundesgerichtshof entscheidet zur Störer­haftung des Access-Providers

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 Urheberrecht

Der Tenor der beiden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in den Sachen I ZR 3/14 und I ZR 174/14 ist von lapidarer Kürze: „Die Revision (…) wird zurückgewiesen.“ Doch der erste Eindruck täuscht. Selten dürften Revisionen mit so viel Gewinn verloren worden sein, denn ungeachtet der im Ergebnis zurückgewiesenen Revision lesen sich die Urteilsgründe bis zu Rn. 81 (von 91 Randnummern insgesamt), als hätten die Revisionsführer gewonnen.

Beide Streitsachen waren Musterprozesse, in denen es um die (Störer-) Haftung von Access-Providern (ISPs) für fremde urheberrechtsverletzende Inhalte ging – konkret: die Möglichkeiten und Grenzen von Zugangssperren zu rechtsverletzenden Sites. Beklagte waren jeweils prominente Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen.

Den ersten der beiden Rechtsstreite hatte die Verwertungsgesellschaft der Musikurheber und Musikverleger GEMA, den zweiten, der unter dem offiziellen Titel Störerhaftung des Access-Providers in die Nachschlagewerke und Entscheidungssammlungen des Bundesgerichtshofes aufgenommen werden wird, die führenden Unternehmen der deutschen Musikindustrie geführt, die nachfolgend im Mittelpunkt stehen soll. Hier ging es um die Zugangssperre zum illegalen Dienst „Goldesel.to“.

Die Auseinandersetzungen spielten in einem politisch aufgeladenen Umfeld. Nach Art. 8 Abs. 3 der bereits im Jahre 2001 in Kraft getretenen Info-Richtlinie (2001/29/EG) haben nämlich die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (so Erwägungsgrund 59 der Richtlinie).

Bei der Umsetzung der Info-Richtlinie waren die Bundesregierung und Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es keiner Umsetzung durch formelles Gesetz bedürfte, weil – so die Bundesregierung in einer Gegenäußerung vom 6. November 2002 – „auch der Gesetzgeber (…) ausweislich der Gesetzesbegründung zum Gesetz über die rechtlichen Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (EGG) davon ausgegangen (ist), dass „Provider“ bei Urheberrechtsverletzungen unter den genannten Voraussetzungen grundsätzlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können.“ Dieser Verzicht auf Umsetzung durch formelles Gesetz führte freilich dazu, dass seit Inkrafttreten der Urheberrechtsreform von 2003 volle zwölf Jahre Unsicherheit darüber herrschte, ob diese Annahme gerechtfertigt war.

Wie sich nun zeigt: Sie war es, zumindest in wesentlichen Zügen. Der Bundesgerichtshof schreibt das richterrechtliche Instrument der Störerhaftung für den Bereich der Sperrverfügungen gegenüber Access-Providern fort.

In Rn. 34 begründet er zunächst, wo der von ihm in der Entscheidung ausgeschöpfte Entscheidungspielraum verankert ist. Es heißt dort: „Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende rechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen (…). Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedsstaaten jedoch, soweit sie (…) die Modalitäten der (…) Anordnung gegen Vermittler festlegen können (…). Besteht ein solcher Gestaltungsspielraum, verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.“ An diese Ausführungen knüpft der Senat weiter unten in der Entscheidung an, wo es in Rn. 73 heißt: „Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen Rechteinhabern und Telekommunikationsunternehmen, also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (…).“

Der Bundesgerichtshof hat es sich im Folgenden nicht nehmen lassen, den Fall bis ins Detail durchzuprüfen und auf diesem Weg eine Fülle wichtiger Streitfragen – die teils seit Jahren offen waren – im Sinne der Rechteinhaber geklärt, etwa zur sekundären Beweislast des Providers hinsichtlich der wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten (Rn. 43), zu den Einwänden gegen die Effizienz von Sperrmaßnahmen (Rn. 47-59) oder zur Vereinbarkeit von Sperrmaßnahmen mit dem Fernmeldegeheimnis (Rn. 60 ff.). Ein Vorbehalt eines formellen Gesetzes bestehe nicht (Rn. 74 f.). Auch datenschutzrechtliche Bedenken stünden einer Sperre nicht entgegen (Rn. 76 ff.).

Die Revision wurde letztlich zurückgewiesen, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber des illegalen Dienstes „Goldesel.to“ vorgegangen waren (Rn. 81, 87).

Der Bundesgerichtshof räumt zwar ein, die Störerhaftung sei gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär (Rn. 82) und rekurriert als Beispiel für ein zulässiges Vorgehen gegen einen Access-Provider trotz Greifbarkeit der unmittelbaren Verletzer auf die Entscheidung des BGH GRUR 2007, 724, Rn. 13 – Jugendgefährdende Medien bei eBay.

Mit dieser Konstellation sei allerdings der vorliegende Fall nicht vergleichbar, weil hier lediglich der einzelne Betreiber der beanstandeten Webseite oder der einzelne Host-Provider hätte in Anspruch genommen werden müssen.

Der BGH räumt ein, dass „Goldesel“ anonym aufgetreten ist und daher die Betreiber nicht bekannt waren. Die Klägerinnen hätten allerdings nicht vorgetragen, weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Webseiten unternommen zu haben. Hier sei insbesondere die Einschaltung der staatlichen Ermittlungsbehörden im Wege der Strafanzeige oder auch die Vornahme privater Ermittlungen etwa durch einen Detektiv oder andere Unternehmen, die Ermittlungen in Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, in Betracht gekommen (Rn. 87).

Wie diese Hinweise des Bundesgerichtshofes zu deuten sind, wird noch näher zu analysieren sein, besonders weil diese Anforderungen Rechteinhaber für die Zeit schutzlos stellen, während die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft laufen. Selbst durch Einschaltung privater Ermittlungsdienstleister könnten Rechteinhaber nicht vermeiden, dass erhebliche zeitliche Schutzlücken entstehen.

Dies darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass der Bundesgerichthof in seiner Entscheidung Störerhaftung des Access-Providers eine ganze Fülle von Rechtsfragen geklärt und ganz nebenbei dafür gesorgt hat, dass Deutschland kein Vertragsverletzungsverfahren der EU (wegen Nicht-Umsetzung von Art. 8 Abs. 3 Info-RL) mehr zu befürchten hat.

Dr. Schaefer hatte in der besprochenen Sache die Klägerinnen instanzgerichtlich selbst und bei der Revision beratend vertreten.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 11:01:472022-09-07 08:38:04Der Bundesgerichtshof entscheidet zur Störer­haftung des Access-Providers

Ein goldener Bär ist eben doch kein Goldbär

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 Markenrecht

Der Bundesgerichtshof hat am 23. September 2015 (Aktenzeichen I ZR 105/14) in einer mit Spannung erwarteten Entscheidung erstmalig Stellung zu der Frage genommen, ob eine als Wortmarke eingetragene Bezeichnung durch den Vertrieb einer dreidimensionalen Produktgestaltung, die in den Sinngehalt der Wortmarke fällt, verletzt werden kann.

Geklagt hatte die Firma Haribo aus ihren unter anderem für Zuckerwaren eingetragenen Marken Goldbären, Goldbär und Gold-Teddy. Die Klage richtete sich gegen die von der Lindt & Sprüngli AG vertriebenen Schokoladenfiguren in Form eines sitzenden Bären mit roter Halsschleife, die in Goldfolie eingepackt waren.

Haribo war der Auffassung, dass der Bedeutungsgehalt der dreidimensionalen Produktausgestaltung Lindt-Bären begrifflich identisch zu den Marken Goldbären, Goldbär und Gold-Teddy ist und berief sich darauf, dass nach deutschem Markenrecht bereits durch begriffliche Übereinstimmungen zweier Zeichen eine Zeichenähnlichkeit begründet werden kann, die in der Gesamtbetrachtung mit der Identität der sich gegenüberstehenden Waren eine Verwechslungsgefahr führt.

Nachdem die Vorinstanzen die Frage der Verwechslungsgefahr uneinheitlich beantwortet hatten – das Landgericht Köln hatte der Klage von Haribo stattgegeben, das Oberlandesgericht Köln das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung von Lindt aufgehoben – hat der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden, dass allein durch die dreidimensionale Produktausgestaltung von Lindt weder eine Ähnlichkeit zu den eingetragenen Marken von Haribo begründet wird, noch eine unlautere Ausbeutung der Wertschätzung der bekannten Marke Goldbären von Haribo erfolgt.

Allein eingetragene Marke von Haribo relevant

Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof zunächst aus, dass in den Zeichenvergleich lediglich die im Markenregister eingetragene Wortmarke von Haribo und deren Bedeutungsgehalt sowie die konkret beanstandete Produktgestaltung von Lindt einzubeziehen seien. Mögliche Übereinstimmungen zwischen der beanstandeten dreidimensionalen Produktgestaltung und der Gestaltung der im Markt angebotenen Goldbären von Haribo selbst seien für die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr nicht relevant.

Strenge Anforderungen an Ähnlichkeit zwischen Wortmarke und dreidimensionaler Produktgestaltung

Eine Ähnlichkeit im Sinngehalt zwischen der Wortmarke und der dreidimensionalen Produktgestaltung setzt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes hierbei voraus, dass die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung sei, die angesprochenen Verkehrskreise die Produktgestaltung also ohne weiteres und nur und ausschließlich mit einer Bezeichnung benennen, die der Wortmarke entspricht. Hierbei seien an die Bejahung einer Zeichenähnlichkeit grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, weil ansonsten die Gefahr bestünde, über den Sinngehalt einer Wortmarke dreidimensionale Warengestaltungen monopolisieren zu können, und zwar in einem Maße, das mit einer Bildmarke oder einer dreidimensionalen Warenformmarke angesichts der Schutzhindernisse der fehlenden Unterscheidungskraft und sowie des Freihaltebedürfnisses nicht zu erreichen sei. Der Bundesgerichtshof betont insofern auch in dieser Entscheidung, dass ein grundsätzlicher Motivschutz dem Markenrecht fremd sei und ein solcher auch nicht mittelbar über den Bedeutungsgehalt von Wortmarken begründet werden dürfe.

Im konkreten Fall sah es der Bundesgerichtshof nicht als erwiesen an, dass die Produktgestaltung von Lindt zwingend und erschöpfend als Goldbär bezeichnet werden müsse. Vielmehr kämen bei der Rezeption der Produktgestaltung durch die Verbraucher auch die Bezeichnungen Teddy, Schokoladen-Bär oder Schokoladen-Teddy in Betracht, wie Lindt durch eine Verkehrsbefragung nachgewiesen hatte. Dementsprechend sei das Erfordernis einer naheliegenden, ungezwungenen und erschöpfenden Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung nicht erfüllt.

Entscheidung bringt Rechtssicherheit für Produktdesigner

Die nunmehr erfolgte höchstrichterliche Klärung trägt erheblich zur Rechtssicherheit für Gestalter von dreidimensionalen Produkten im Verhältnis zu eingetragenen Wortmarken Dritter bei. Zurückhaltung ist lediglich noch in solchen Fällen geboten, in denen eine konkrete Produktgestaltung derart eindeutig ist, dass sie lediglich mit einem einzigen denkbaren und naheliegenden Begriff bezeichnet werden kann. Derartige Konstellationen dürften jedoch eher theoretisch sein, zumal noch hinzukommen muss, dass gerade diese einzig denkbare und naheliegende Bezeichnung als Wortmarke für identische oder ähnliche Waren zugunsten eines Dritten eingetragen ist.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 11:01:402022-09-07 08:35:00Ein goldener Bär ist eben doch kein Goldbär

Pflichtinformationen über Online-Streitbeilegung aus EU-Richtlinie und EU-Verordnung

20. März 2016/in Ausgabe März 2016 IT-Recht

Online-Anbieter müssen sich zeitnah mit der Einführung von Streitbeilegungsverfahren für Verbrauchergeschäfte befassen. Dies gilt auf nationaler Ebene und im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr auf europäischer Ebene. Die Streitbeilegungsverfahren sollen für Verbraucher eine kostengünstige und unkomplizierte Alternative zum gerichtlichen Verfahren darstellen.

Rechtsgrundlage der Online-Streitschlichtung sind die Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ADR-Richtlinie) sowie die EU-Verordnung Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2013 über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-Verordnung).

1. Nationale Regelungen auf Grundlage der ADR-Richtlinie

Die ADR-Richtlinie sollte von der Bundesregierung bis zum 09.07.2015 in deutsches Recht umgesetzt werden. Das betreffende Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) befindet sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren, ist allerdings erheblich im Verzug. Voraussichtlich werden die Regelungen des VSBG Anfang 2017 in Kraft treten.

Laut ADR-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass für inländische und grenzübergreifende Streitigkeiten zwischen in der EU wohnhaften Verbrauchern und in der EU niedergelassenen Unternehmen aus Kauf- und Dienstleistungsverträgen außergerichtliche Schlichtungsstellen geschaffen werden. Für Streitigkeiten zwischen Unternehmern ist das Streitbeilegungsverfahren nicht vorgesehen, da zwingend ein Verbraucher beteiligt sein muss. Die Richtlinie normiert die Mindestanforderungen für das Streitbeilegungsverfahren sowie für die Organisation und Ausstattung der unabhängigen und unparteiischen Schlichtungsstellen fest. Das Schlichtungsverfahren soll darüber hinaus transparent, effektiv, zügig und fair ausgestaltet sein und für die Verbraucher kostenlos oder gegen eine niedrige Gebühr zur Verfügung stehen. Die Schlichtungsstellen müssen über das erforderliche Fachwissen verfügen, dürfen nicht an Weisungen der streitenden Parteien gebunden sein und sollen unabhängig vom Ergebnis des Verfahrens vergütet werden. Der Zugang zu den Schlichtungsstellen ist über das Internet sowie auf anderem Wege (z. B. per Post) zu gewährleisten, und das Verfahren soll nicht länger als 90 Tage dauern. Verbraucher haben darüber hinaus jederzeit die Möglichkeit, das Schlichtungsverfahren abzubrechen und den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten. Hinsichtlich der Online-Anbieter können Mitgliedsstaaten in ihrem nationalen Recht eine verpflichtende Teilnahme am Verfahren und zur Befolgung der Schlichtersprüche vorsehen. Deutschland hat diesen Weg im VSBG allerdings nicht vorgesehen.

Bereits aktive oder neu eingerichtete Schlichtungsstellen, die den Anforderungen der Richtlinie entsprechen, sollen von den Mitgliedstaaten der EU-Kommission gemeldet werden, damit eine Liste mit allen erfassten Schlichtungsstellen veröffentlicht werden kann. Nach der verabschiedeten Fassung des VSGB können die Online-Anbieter auf freiwilliger Basis eine alternative Streitbeilegung anbieten, sind hierzu allerdings nicht verpflichtet.

2. Künftige Informationspflichten aus der ADR-Richtlinie

Zwar hat der Bundesgesetzgeber eine verbindliche Teilnahme am alternativen Streitbeilegungsverfahren für Online-Anbieter nicht zwingend vorgesehen, jedoch unabhängig hiervon eine allgemeine Informationspflicht für Anbieter normiert.
Danach ist ein Online-Anbieter grundsätzlich verpflichtet, auf seiner Webseite und in seinen AGB über die Teilnahmemöglichkeit an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle zu informieren (§ 36 Absatz 1 VSBG). Ausgenommen sind lediglich Kleinstunternehmer mit einer Betriebsgröße von weniger als 11 Mitarbeitern (§ 36 Absatz 3 VSBG).

Sobald das VSBG in Kraft getreten ist, sollten die entsprechenden Hinweise und Informationen auf der Webseite und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden, sofern man sich entscheidet, freiwillig an einem solchen Verfahren teilzunehmen.

3. Europäische Regelungen direkt aus der ODR-Verordnung

Die ODR-Verordnung sieht die Einrichtung einer europäischen Online-Streitbeilegungsplattform durch die EU-Kommission vor und regelt deren Zusammenarbeit mit den nationalen Schlichtungsstellen nach der ADR-Richtlinie.

Die OS-Plattform besteht aus einer Internetseite, die als zentrale Anlaufstelle für Verbraucher und Unternehmer speziell bei Streitigkeiten aus online geschlossenen Kauf- und Dienstleistungsverträgen zur Verfügung stehen wird. Neben allgemeinen Informationen zur außergerichtlichen Streitschlichtung nach der ADR-Richtlinie wird sie auch die Möglichkeit bieten, über ein Online-Formular Streitfälle zum Zwecke der Schlichtung bei einer zuständigen Schlichtungsstelle einzureichen. Die Plattform soll dann die zuständige Schlichtungsstelle im Sinne der ADR-Richtlinie ermitteln und den Streitfall an diese weiterleiten. Weitere Funktionen der OS-Plattform bestehen in einer elektronischen Fallbearbeitungsanwendung für die Streitbeteiligten und die zuständige Schlichtungsstelle sowie der automatischen Übersetzung aller über die Plattform ausgetauschten Informationen. Hierdurch soll die Plattform allen europäischen Verbrauchern sowie Online-Anbietern den Zugang zur außergerichtlichen Streitschlichtung bei Online-Verträgen auch über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinaus erleichtern. Die OS-Plattform wird in allen Amtssprachen der EU kostenlos zur Verfügung stehen. Eine Verpflichtung der Online-Anbieter, sich auf ein OS-Verfahren einzulassen, besteht allerdings nicht, solange das VSBG oder ein anderes Umsetzungsgesetz eine solche Verpflichtung nicht normiert. Da die OS-Plattform aus technischen Gründen noch nicht verfügbar ist, läuft die Regelung derzeit noch ins Leere (Start der OS-Plattform ist für den 15.02.2016 angekündigt).

4. Künftige Informationspflichten aus der ODR-Richtlinie

Ebenso wie die ADR-Richtlinie sieht auch die ODR-Verordnung allgemeine Informationspflichten der Online-Anbieter vor, um die alternativen Schlichtungsmethoden bei Verbrauchern bekannt zu machen. Im Gegensatz zur ADR-Richtlinie treffen die Informationspflichten der ODR-Verordnung jeden Online-Händler unabhängig davon, ob er zur Nutzung der nach Maßgaben der Richtlinie und des Umsetzungsgesetzes des jeweiligen Mitgliedsstaates verpflichtet ist.

Art. 14 ODR-Verordnung verpflichtet mit Inkrafttreten ab dem 09.01.2016 jeden Online-Anbieter dazu,

  • auf seiner Website einen Link zur OS-Plattform einzurichten, der für Verbraucher leicht zugänglich ist und
  • seine Email-Adresse leicht zugänglich anzugeben.

Für Online-Anbieter, die sich zur Nutzung weiterer (nationaler) alternativer Streitschlichtungsstellen bereit erklärt haben oder verpflichtet sind (z.B. Energieversorger), ergeben sich weitere Informationspflichten nach Art. 14 Abs. 2 ODR-Verordnung, beispielsweise in AGB, direkt in Online-Verträgen oder Angebots-Emails.

Da die europäische OS-Plattform derzeit noch nicht verfügbar ist, dürfte die Regelung aktuell zumindest die Verlinkung nicht zwingend vorschreiben. Die entsprechende Information sollte auf der Webseite entweder unter Nutzungsbedingungen oder im Impressum abgebildet werden. In AGBs sollte der Hinweis unmittelbar in den Schlussbestimmungen aufgenommen werden.

Der Hinweistext könnte beispielsweise lauten:

“Informationen zur Online-Streitbeilegung gemäß Art. 14 Abs. 1 ODR-Verordnung:

Die EU-Kommission hat eine Internetplattform zur Online-Beilegung von Streitigkeiten („OS-Plattform“) bereitgestellt. Die OS-Plattform kann als Anlaufstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten aus Online-Kaufverträgen oder Dienstleistungsverträgen dienen. Die OS-Plattform ist unter der Internet-Adresse ec.europa.eu/consumers/odr erreichbar.”

5. Folge von Verstößen

Ob die Informationspflichten aus dem VSBG und der ODR-Verordnung Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG n. F. (§ 4 Nr. 11 UWG a.F.) darstellen, ist bislang nicht sicher. Allerdings gehen die bisherigen Kommentatoren übereinstimmend hiervon aus.

Die Informationspflichten sind vergleichbar mit den Regelungen zur Anbieterkennzeichnung aus dem Telemediengesetz, welche bereits als Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG anerkannt sind. Entsprechende Verstöße gegen diese gesetzlich zwingenden Informationspflichten könnten demnach von Verbänden (z.B. Verbraucherzentralen) oder von Mitbewerbern (§ 8 Absatz 1 und 3 UWG) als wettbewerbswidrig kostenpflichtig abgemahnt werden.

Allgemein wird damit gerechnet, dass spätestens ab Verfügbarkeit der europäischen OS-Plattform (voraussichtlich ab dem 15.02.2016) die ersten Abmahnwellen gestartet werden.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-20 02:07:012022-09-07 08:30:27Pflichtinformationen über Online-Streitbeilegung aus EU-Richtlinie und EU-Verordnung

Positive Rezension zum „Vertragshandbuch Pharma und Life Sciences“ mit Beitrag von Dr. Rüberg.

9. März 2016/in Publikationen Patent- & Gebrauchsmusterrecht

Im C.H. Beck Verlag ist im Herbst 2015 das „Vertragshandbuch Pharma und Life Sciences – Mit bewährten Gestaltungsvorschlägen aus der Praxis“ erschienen. BOEHMERT & BOEHMERT-Partner Dr. Michael Rüberg hatte hier zusammen mit Herausgeber Marco Stief den „Allgemeinen Teil mit Vertrags-Grundmustern“ verfasst. In der Fachzeitschrift „Arzneimittel und Recht“ (01/2016, S.31f) ist jetzt eine Rezension von Dr. Wolfgang A. Rehmann erschienen, die das Werk positiv bewertet. Zum „Allgemeinen Teil mit Vertrags-Grundmustern“ kommentiert Rehmann: „Die für dieses Kapitel verantwortlich zeichnenden Autoren Stief/Rüberg haben besondere Mühe und Sorgfalt darauf verwendet, hierbei in der Praxis vorkommende Gestaltungsalternativen aufzuzeigen und zugleich durch eine ausführliche Kommentierung dem Nutzer den Hintergrund einzelner Regelungen näher zu bringen.“ Sein Fazit zum gesamten Vertragshandbuch lautet: „Insgesamt ist den Herausgebern und ihren Autoren Respekt zu zollen. Sie haben eine wertvolle Hilfe just für die Zielgruppe geschaffen, die das Werk im Visier hat, nämlich Juristen, Pharmazeuten, Kaufleute und Ingenieure, welche in der Pharma- und Life Science-Branche tätig sind oder für diese arbeiten.“ Das Handbuch kann direkt über den Beck Verlag hier bezogen werden, Preis ca.: 199,00 €. Stief / Bromm (Hrsg.), C.H. Beck, 2015. ISBN 978-3-406-65042-0.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-09 00:00:002022-08-10 13:26:45Positive Rezension zum „Vertragshandbuch Pharma und Life Sciences“ mit Beitrag von Dr. Rüberg.

Managing Intellectual Property „IP Stars 2016“: BOEHMERT & BOEHMERT in Patent Prosecution auf Platz 1.

4. März 2016/in Aktuelles

In der aktuellen Ausgabe des „IP Stars Handbook 2016“ von Managing Intellectual Property ist BOEHMERT & BOEHMERT in drei Kategorien hervorragend vertreten. Im Bereich Patentrecht steht die Kanzlei auf Platz 1, in den Kategorien Trademark Prosecution und Trademark Contentious jeweils im zweiten Rang. Die namentlichen Nennungen einzelner Partner werden vom Verlag im Mai 2016 (Trademark & Copyright) sowie im Juli 2016 (Patentrecht) veröffentlicht. Das aktuelle Listing ist hier einsehbar.

/wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg 0 0 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2016-03-04 00:00:002016-03-04 00:00:00Managing Intellectual Property „IP Stars 2016“: BOEHMERT & BOEHMERT in Patent Prosecution auf Platz 1.
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