Booking.com – Schutz von generischen Domains als Marke
Booking.com, Fluege.de, Billiger.de – Die Verwendung generischer Domainnamen als Marke oder Unternehmensbezeichnung erfreut sich insbesondere bei Online Plattformen großer Beliebtheit. Was die Schutzfähigkeit als Marke angeht, besteht in der europäischen Amtspraxis bislang aber große Zurückhaltung. Dass es auch anders geht, zeigt eine aktuelle Entscheidung des US Supreme Court zur Marke Booking.com.
Ob fluege.de (EuG Urteil vom 14.05.2013, Az. T-244/12), suchen.de (EuG Urteil vom 12.12.2007, Az. T–117/06) oder handyservice.de (BPatG Beschluss vom 09.04.2008 – BPatG Aktenzeichen 26 W (pat) 37/07) – Markenanmeldungen für Domainnamen mit beschreibenden Begriffen wurden in der Vergangenheit regelmäßig wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Diese zurückhaltende Eintragungspraxis fußt auf der Prämisse, dass Domainnamen durch den Verkehr grundsätzlich nur als Internetadresse, nicht aber als Hinweise auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Herstellers aufgefasst würden. Entsprechend hilft die Anmeldung eines Domainnamens bestehend aus einem für die Vermittlung von Reisen nicht unterscheidungskräftigem Begriff („fluege“) und einer Top-Level-Domain (.de) nicht über die fehlende Unterscheidungskraft hinweg.
Einen Ausweg weist die Anmeldung eines Logos (Wort-/Bildzeichen) mit hinreichend unterscheidungskräftiger grafischer Ausgestaltung. Die Möglichkeiten, Rechte aus solchen Wort-/Bildmarken in Bezug auf ihren beschreibenden Wortbestandteil durchzusetzen, sind jedoch beschränkt. Eine weitere Alternative wäre der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung, wofür der Anmelder jedoch belegen muss, dass ein wesentlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Marke mit einem bestimmten Unternehmen in Verbindung bringt. Im Ergebnis tun sich Inhaber von Onlineplattformen in Europa bei dem Schutz ihrer generischen Domainnamen als Marke deshalb bislang schwer.
Dass die enge Sichtweise der europäischen Gerichte und Ämter keinesfalls zwingend ist, zeigt eine jüngere Entscheidung des US Supreme Court zur Marke „Booking.com“ (US Supreme Court judgement of 30 June 2020 – Case No. 19-46 – IIC2020, 893).
Der Entscheidung lag eine Markenanmeldung der Booking.com B.V. beim US Patent and Trademark Office (USPTO) für das Zeichen „booking.com“ zu Grunde. Das USPTO hatte diese in Übereinstimmung mit der europäischen Praxis mit dem Argument abgelehnt, es handele sich bei „booking.com“ um einen rein beschreibenden Begriff. Der Bestandteil »booking« stünde im Sprachgebrauch für Hotelreservierungsdienstleistungen und auch die Kombination mit einer Top-Level-Domain (.com) ändere hieran nichts.
Dieser schematischen Sichtweise schloss sich der US Supreme Court nicht an und stellte stattdessen einen stärker an der wirtschaftlichen Praxis und dem tatsächlichen Verkehrsverständnis orientierten Ansatz entgegen. Es hielt zunächst fest, dass auch ein Begriff, der sich aus einem generischen Begriff und einer Top-Level-Domain („generic.com“) zusammensetzt, als Herkunftshinweis verstanden werden kann, da ein bestimmter Domainname immer nur von einem einzigen Inhaber genutzte werden könne. Ein Verbraucher, der mit diesem Grundsatz des Domainnamensystems vertraut sei, könne daraus schließen, dass die Bezeichnung „booking.com“ folgerichtig auf einen bestimmten Anbieter hinweist. Die Bezeichnung sei auch nicht im dem Sinne beschreibend, dass man eine andere Person nach ihrem favorisierten „booking.com“-Anbieter fragen könnte. Schließlich bestünde auch kein allgemeines Freihaltebedürfnis der Wettbewerber an der Bezeichnung „booking.com“, da der Schutzbereich einer Marke „booking.com“ entsprechend eng zu fassen sei, so dass sie nicht gegen die beschreibende Benutzung des Begriffes „booking“ eingesetzt werden könne.
Diese Sichtweise des US Supreme Court überzeugt nicht nur deshalb, weil sie dem tatsächlichen Verkehrsverständnis deutlich näherkommen dürfte, als die schematisch analysierende Herangehensweise der europäischen Rechtspraxis. Der US Supreme Court wagt zudem den Schritt, anders als die sehr zurückhaltenden Ämter und Gerichte in Europa, Zeichen mit an sich generischer Bestandteilen im Zweifel zur Eintragung zuzulassen. Den Schutz des Wettbewerbs vor einer ausufernden oder gar missbräuchlichen Durchsetzung solcher Marken überlässt es stattdessen den Verletzungsgerichten, die für die Bestimmung des Schutzumfangs auch zuständig sind.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Eintragungpraxis in Europa früher oder später in eine ähnliche Richtung bewegen wird. Für den Moment bleibt festzuhalten, dass der Versuch der Anmeldung einer Marke für generische Domainnamen jedenfalls in den USA Aussicht auf Erfolg haben kann. Freilich hat der US Supreme Court einschränkend klargestellt, dass die Unterscheidungskraft einer solchen Marke jeweils im Einzelfall zu betrachten ist („While we reject the rule proffered by the PTO that ‘generic.com’ terms are generic names, we do not embrace a rule automatically classifying such terms as nongeneric.“). Auch in den USA existiert daher weiterhin kein Grundsatz, dass die Anmeldung eines generischen Begriffs als Domainname zwingend zur Eintragungsfähigkeit des Gesamtzeichens führt.