OLG Düsseldorf zur Weiterverwendung von Werbung nach Produktabwandlung
Werden Werbemittel, die ursprünglich für ein patentverletzendes Produkt verwendet wurden, unverändert weiterverwendet, kann dies eine eigenständige Patentverletzung darstellen, auch wenn die beworbenen Produkte in einer Weise geändert wurden, die eine Patentverletzung ausschließt. Ein Urteil sowie ein Beschluss des OLG Düsseldorf geben für die praktische Handhabung dieses Problems nützliche Hinweise.
Rechtliche Ausgangslage
Der BGH hat bereits in den Entscheidungen „Kupplung für optische Geräte“ (GRUR 2003, 1031) sowie „Radschützer“ (GRUR 2005, 667) festgehalten, dass die unveränderte Weiterverwendung von Werbemitteln, die ursprünglich für ein patentverletzendes Produkt verwendet wurden, eine eigenständige Patentverletzung darstellen kann, auch wenn die beworbenen Produkte mittlerweile in einer Weise geändert wurden, die eine Patentverletzung ausschließt. Ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 14. November 2019 (Az. 15 U 71/18, abrufbar unter BeckRS 2019, 31329) sowie ein in Folge ergangener Beschluss im Ordnungsmittelverfahren vom 14. September 2020 (unveröffentlicht) knüpfen hieran an.
Konstellation in der Entscheidung des OLG Düsseldorf
Typischerweise stellt sich das Problem der patentverletzenden Weiterverwendung von Werbung bei der Frage, ob gegen den Unterlassungstenor eines bereits ergangenen Urteils oder gegen eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung verstoßen wurde. Für die Frage, ob eine erstmalige, einen Unterlassungsanspruch auslösende Patentverletzung vorliegt, ist die Weiterverwendung regelmäßig irrelevant, da bereits die ursprüngliche Verletzungshandlung (d.h. das Angebot des patentverletzenden Produkts) für die Begründung der erforderlichen Wiederholungsgefahr genügt. Insofern betrifft das Urteil des OLG Düsseldorf eine Sonderkonstellation, da der dortige Kläger und Patentinhaber das Klagepatent erst nach der Abwandlung der patentverletzenden Produkte erworben hatte. Insofern stellte sich die Frage, ob die gegenüber dem vorherigen Inhaber gesetzte Wiederholungsgefahr entfallen ist. Der Senat konnte diese Frage jedoch offenlassen, da vorliegend die Weiterverwendung der Werbung nach dem Wechsel des Patentinhabers eine eigenständige Wiederholungsgefahr begründete (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 84).
Rechtliche Erwägungen des Senats
Der Senat stellte in diesem Zusammenhang weiterhin klar, dass der Umstand, dass die oben genannte BGH-Rechtsprechung auf eine bereits bestehende Unterlassungsverpflichtung hin erging, für die rechtliche Bewertung, ob eine patentverletzende Weiterverwendung vorliegt, keine Rolle spielt (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 67). Damit ist das Urteil des OLG Düsseldorf umgekehrt auch auf die typischen Konstellationen der Weiterverwendung von Werbung nach Entstehen einer Unterlassungsverpflichtung anwendbar.
Der Senat erteilte zudem der Auffassung, eine patentverletzende Weiterverwendung von Werbung käme bei Produkten, bei denen die Eigenschaften, die zur Patentverletzung geführt hatten, dem äußeren Erscheinungsbild der Produkte und in Folge auch den Werbemitteln nicht zu entnehmen waren, nicht in Betracht, eine Absage (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 72f.).
Da der Beklagte vorliegend weder die Produktbezeichnung noch die entsprechende Internetangebotsseite geändert hatte, lag eindeutig eine Weiterverwendung vor, sodass er deshalb wegen Patentverletzung verurteilt wurde.
Fortgang im Ordnungsmittelverfahren
Nachfolgend wandelte der Beklagte die Produktbezeichnung ab und fügte der Internetangebotsseite einen Disclaimer bei, der auf die Abwandlung des Produkts hinwies (jedoch ohne einen Hinweis darauf, dass das Produkt vor Abwandlung patentverletzend war). Die Abwandlung der Produktbezeichnung erfolgte durch Beifügung des Buchstaben „N“ an deren Ende.
Der Kläger erachtete diese Abwandlungen als nicht ausreichend und strengte ein Ordnungsmittelverfahren an. Das Landgericht Düsseldorf entschied jedoch erstinstanzlich, dass auf Grund der Abwandlungen nunmehr keine patentverletzende Weiterverwendung von Werbung vorliege (Beschluss vom 30. April 2020, Az. 4a O 22/17 OV, unveröffentlicht).
Insbesondere erachtete es die Beifügung des Zusatzes „N“ als ausreichend an, allerdings unter der Prämisse, dass die Produktbezeichnung im Übrigen nur aus wenigen Zahlen besteht und die streitgegenständlichen Produkte an gewerbliche und daher also besonders aufmerksame Abnehmer gerichtet sind. Der Disclaimer verstärke den durch die Änderung der Produktkennzeichnung vermittelten Eindruck zusätzlich. Das OLG Düsseldorf schloss sich im Beschwerdeverfahren dieser Rechtsauffassung an (Beschluss vom 14. September 2020).
Folgen für die Praxis
Wird ein Produkt abgewandelt, weil es in dem Verdacht steht, ein Patent zu verletzen, oder besteht im Hinblick auf dieses Produkt sogar bereits eine Unterlassungsverpflichtung, so ist stets und ohne Ausnahme die Produktkennzeichnung abzuwandeln und zur Sicherheit der Werbung ein Disclaimer beizufügen, um eine patentverletzende Weiterverwendung zu vermeiden. Das OLG Düsseldorf gibt hierzu nützliche Hinweise für die praktische Umsetzung. Welche Änderungen genau zu unternehmen sind, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls und lässt sich mit professioneller Beratung rechtssicher ermitteln.