Markeninhaber aufgepasst: Die Benutzung von Marken mit gesundheitsbezogenen Angaben ist seit dem 20. Januar 2022 endgültig verboten!
Viele Produkte werden von der Lebensmittelindustrie als gesundheitsfördernd beworben. Auf Verpackungen und in der Werbung heißt es „cholesterinarm“ oder „gut für die Verdauung“. Selbst bei Süßigkeiten wird der Vitamingehalt hervorgehoben. Hierdurch soll ein Kaufanreiz gesetzt werden. Viele Verbraucher sind bereit, für „gesunde“ Lebensmittel mehr Geld auszugeben. Die Europäische Union schränkt seit Anfang des Jahres solche Werbung sehr weitgehend ein.
Wegen der bestehenden Irreführungsgefahr über vermeintliche Gesundheitseffekte verabschiedete der europäische Gesetzgeber bereits 2006 die Health-Claim-Verordnung (VO (EG) 1924/2006). In ihr sind Anforderungen an nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln (sog. „health claims“) geregelt. Die Verordnung hat dabei einen weiten Anwendungsbereich. Unter den Begriff der Angabe fällt jegliche Kennzeichnung oder Werbung des Produkts.
Nährwertbezogene Angaben sind nur dann erlaubt, wenn sie der Wahrheit entsprechen. Die Health-Claims-VO listet über 200 gängige Angaben wie „zuckerfrei“ oder „fettarm“ auf und legt Grenzwerte für die Produktbezeichnung fest. Enthält ein Produkt bspw. weniger als 0,5 g Zucker pro 100 g, darf es als „zuckerfrei“ beworben werden.
Gesundheitsbezogene Angaben sind nach der Verordnung grundsätzlich verboten. Produkte dürfen nicht einfach mit einem bestimmten Gesundheitseffekt in Verbindung gebracht werden („trägt zur Stärkung des Immungsystems bei“). Es gibt allerdings die Möglichkeit, ein Zulassungsverfahren beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zu durchlaufen. Im Jahr 2012 verabschiedete die EU außerdem eine weitere Verordnung (VO (EU) Nr. 432/2012), die eine Liste zulässiger gesundheitsbezogener Angaben von Lebensmitteln enthält. Danach darf bspw. bei einem Produkt mit einem festgelegten Mindestgehalt an Calcium auf dessen positiven Einfluss auf den Knochenerhalt verwiesen werden.
Handlungsbedarf für Markeninhaber
Auch Wort- und Bildmarken sind als Kennzeichnung des Produkts zu verstehen. Sie dürfen daher nicht ohne weiteres nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben wie bspw. „low carb“ (OLG Hamburg GRUR 2015, 89) enthalten. Auch Begriffe wie „vital“, „fit“ oder „gesund“ sind betroffen. Die Drogeriekette dm sah sich beispielsweise aufgrund der Health-Claim-Verordnung gezwungen, ihre Eigenmarke „Das gesunde Plus“ in „Mivolis“ umzubenennen.
Um dem Vertrauen bestimmter Markeninhaber in den Fortbestand ihrer Marke Rechnung zu tragen, enthält die Health-Claim-VO eine Übergangsvorschrift. Nach Art. 28 Abs. 2 durften Produkte mit einem vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Markenschutz (auch kraft Verkehrsgeltung oder Bekanntheit) bis zum 19. Januar 2022 in den Verkehr gebracht werden. Erst seit ab dem 20. Januar 2022 greifen auch für diese Marken die Vorgaben der VO. Wer als Markeninhaber nach der Health-Claims-VO unzulässige Markennamen trotzdem nach dem 19. Januar 2022 nutzt, sieht sich der Gefahr von Abmahnungen nach dem UWG und Vertragsstrafen ausgesetzt.
Vor diesem Hintergrund sollten Markeninhaber aus der Lebensmittelbranche eine Überprüfung ihrer älteren Marken vornehmen. Hierbei ist ihnen Boehmert & Boehmert bei Bedarf gerne behilflich.
Autoren: Dr. Andreas Dustmann, Rechtsanwalt, und Tim Stripling, Wiss. Mitarbeiter