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Das UPC und seine harte Linie beim late filing

13. Oktober 2025/in UPC-Update

Alle vernünftigerweise verfügbaren Beweise und Argumente sollten so früh wie möglich vorgelegt werden. Die spätere Einreichung von Stand der Technik und darauf basierenden Argumenten riskiert deren Ablehnung. Frühzeitige Investitionen sind unabdingbar, die jeweiligen ersten Schriftsätze im Verfahren sollten so wasserdicht wie möglich sein.

In einer Entscheidung vom 7. März 2025 (UPC_CFI_459/2023) stellte die Lokalkammer Düsseldorf in seinem Leitsatz fest:

„Ein strategisches Taktieren ausgerichtet an Überraschungseffekten ist der Verfahrensordnung fremd.“

und wies damit Argumente gegen den Rechtsbestand des Klagepatents zurück, die erst in der jeweiligen mündlichen Verhandlung vorgebracht worden waren.
Während solches Taktieren in nationalen, beispielsweise deutschen Patentstreitigkeiten, nicht ungewöhnlich war, ist das UPC bereits über solche weniger schwerwiegenden Einschränkungen hinausgegangen und hat die Verfahrensordnung durch Auslegung in einer Weise gestaltet, die im Litigation-Sprech nur als „front loaded“ bezeichnet werden kann, ein Begriff, der auch in der Rechtsprechung des CoA selbst ausdrücklich verwendet wird, siehe z. B. die Leitsätze des CoA, Beschluss vom 18. September 2024, UPC_CoA_264/2024 et al.

Das bedeutet, dass die Parteien nicht nur davon Abstand nehmen sollten, in der mündlichen Verhandlung völlig neue Argumente vorzubringen, sondern dass Argumente vielmehr so früh wie möglich im Verfahren vorgebracht werden sollten. Ein solcher Ansatz stellt sicher, dass die Argumentationslinien im Laufe eines Verfahrens eher die Form einer Pyramide annehmen – die sich zunehmend auf die strittigen Fragen konzentriert – als die eines verzweigten Baumes, was beispielsweise in nationalen deutschen Rechtsstreitigkeiten nicht selten der Fall war.

Allgemeine Leitlinien

Während dieser Ansatz im Hinblick auf das Ziel der Verfahrenseffizienz im Allgemeinen sehr sinnvoll ist, kann seine Anwendung in der Praxis für die Parteien und ihre Vertreter zu Kopfzerbrechen darüber führen, was sie in ihre ersten Schriftsätze aufnehmen sollen. Da die Details noch lange nicht geklärt sind, lauten die allgemeinen Leitlinien:

• Beweise für eine Verletzung, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift verfügbar waren oder hätten verfügbar sein können, laufen Gefahr, abgelehnt zu werden, wenn sie später vorgelegt werden.
• Soweit eine Verletzung eines abhängigen Anspruchs geltend gemacht werden kann, sollte dies bereits in der Klageschrift geschehen.
• Falls bereits vor der Verhandlung ein Austausch zwischen den Parteien über die Verletzung, Beweise, den Rechtsbestand, die Anspruchsauslegung, Stand der Technik usw. stattgefunden hat, sollte dieser Austausch vollständig in die Klageschrift aufgenommen und auch darin behandelt werden.
• Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ohne einen solchen vorgerichtlichen Austausch nicht jede denkbare Anspruchsauslegung in der Klageschrift dargelegt werden muss, sondern eine kurze Beschreibung der Teile der Patentschrift und der Zeichnungen, die die Anspruchsauslegung des Klägers stützen genügt.
• Ebenso müssen nicht alle denkbaren Beweise vorgelegt werden, aber jede behauptete Tatsache sollte durch mindestens einen Beweis gestützt werden, und sei es nur eine schriftliche Aussage der Partei.
• Die Klageerwiderung muss sich mit allen Aspekten der Klageschrift befassen, und alle vernünftigerweise denkbaren Gegenargumente sollten enthalten sein, wobei die schwächeren Argumente zumindest in groben Zügen dargelegt werden sollten (statt für später aufgehoben zu werden).
• Dies gilt auch für die Widerklage auf Nichtigerklärung: Alle vernünftigerweise denkbaren Kombinationen von Stand der Technik zur Anfechtung der erfinderischen Tätigkeit sollten aufgenommen werden, wobei die schwächeren zumindest in groben Zügen dargelegt werden sollten (wiederum, statt für später aufgehoben zu werden). Die Angriffe sollten sich dabei auch bereits soweit möglich auf die Unteransprüche erstrecken.
• Der gesamte auffindbare Stand der Technik muss gefunden werden!

Der letzte Punkt kann nicht genug betont werden. In einer kürzlich ergangenen Entscheidung bestätigte das Berufungsgericht eine erstinstanzliche Entscheidung, mit der ein Antrag auf Änderung einer Widerklage auf Nichtigerklärung abgelehnt wurde, der zwei Tage nach Eingang der Widerklage gestellt worden war. Der Widerkläger war auf einen zusätzlichen Stand der Technik aufmerksam geworden, den ein mit der Recherche des Stands der Technik beauftragter Dienstleister offenbar übersehen hatte, da dieser Stand der Technik bei einer Recherche des Patentanwalts des Widerklägers in anderer Sache auftauchte, der jedoch denselben Suchbegriff wie der Dienstleister verwendet hatte (2. September 2025, UPC_CoA_807/2025).

Fazit

Dies bedeutet, dass bei einer ordnungsgemäßen Recherche zum Stand der Technik nicht nur ein zuverlässiger und fähiger externer Dienstleister beauftragt werden sollte, sondern dass dessen Ergebnisse, sofern das Budget dies zulässt, von Anwälten dem Vier-Augen-Prinzip nach überprüft werden sollten. Dies bedeutet ferner, dass Argumente, wonach ein externer Dienstleister unzureichende Arbeit geleistet habe und daher bestimmter Stand der Technik unverschuldet zunächst nicht bekannt gewesen sei, wahrscheinlich nicht gehört werden, und dass daher nicht nur die allgemeine Qualität des Dienstleisters berücksichtigt werden sollte, sondern auch, ob nützlicher Stand der Technik in bestimmten Bereichen (z. B. ostasiatische Länder, wissenschaftliche Publikationen) zu finden sein könnte, in denen bestimmte Dienstleister unter Umständen erfolgreicher suchen als andere.

Schließlich bedeutet dieser Frontloading-Ansatz für Kläger, dass in Fällen, in denen sowohl das UPC als auch ein nationales Gericht, insbesondere die deutschen Gerichte, zur Verfügung stehen und die Anfangsinvestitionen in das Verfahren eher gering zu halten sind, die deutschen Gerichte möglicherweise besser geeignet sind, um nicht zu riskieren, dass ein Fall nicht aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten verloren geht, sondern weil die Investitionen in den Fall den Frontloading-Anforderungen des UPC nicht gerecht wurden.

https://www.boehmert.de/wp-content/uploads/2025/10/UPC-Update-hardline-stance-on-late-filing.jpg 597 650 Petra Hettenkofer /wp-content/uploads/2022/04/boehmert_logo.svg Petra Hettenkofer2025-10-13 16:26:322025-10-14 08:42:37Das UPC und seine harte Linie beim late filing

Autor

Dr. Michael Rüberg, LL.M. (London)
Dr. Lars Eggersdorfer
Micheline Verwohlt
Victor V. Fetscher, LL.M. (Tel Aviv)

Inhalte

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