Eine Sandale bleibt eine Sandale – das sieht auch der BGH so
Zusammenfassung der neuesten BGH-Entscheidung zum Urheberrechtsschutz von Birkenstock-Sandalen
Am 20. Februar 2025 hat der BGH in einer wegweisenden Entscheidung entschieden, dass die weltbekannten Birkenstock-Sandalen keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob das Design der beliebten Sandalen als Kunstwerk im Sinne des Urheberrechts i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG geschützt werden kann. Instanzgerichtliche Entscheidungen vor dem Landgericht Köln und Hamburg waren noch von einem Urheberrechtsschutz ausgegangen – das Oberlandesgericht Köln hatte diesen dann in der zweiten Instanz jedoch verneint. Diese erstinstanzlichen Entscheidungen hatten in der schuhproduzierenden Branche für eine große Unsicherheit gesorgt.
Ausgangspunkt der Entscheidung
Die Klägerin, die als Teil der Birkenstock-Gruppe verschiedene Sandalenmodelle vertreibt, wollte erreichen, dass die Sandalen als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz genießen – vor allem, um günstigere Kopien zu verhindern. Sie argumentierte, dass u.a. aufgrund des besonderen Sohlenschnitts und der Materialwahl ein ikonisches und typisches Design entstanden sei, welches als kreative Leistung urheberrechtlich geschützt werden müsse.
BGH sieht keine ausreichende Kreativität
Doch der BGH teilt diese Ansicht offensichtlich nicht, wie sich schon in der mündlichen Verhandlung abzeichnete: Das Design der Birkenstock-Sandalen reiche nicht aus, um als Kunstwerk im urheberrechtlichen Sinne zu gelten.
Urheberrechtsschutz setzt voraus, dass ein gewisser Grad an Gestaltungshöhe erreicht wird, der Individualität erkennen lässt. Es muss ein gestalterischer Freiraum bestehen und in künstlerischer Weise genutzt worden sein. Ein freies und kreatives Schaffen ist ausgeschlossen, soweit technische Erfordernisse, Regeln oder andere Zwänge die Gestaltung bestimmen. Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente ist dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich.
Mit einfachen Worten: erforderlich ist eine kreative Gestaltung, die über das Funktionale hinausgeht. Eine solche liegt hier aber laut BGH gerade nicht vor.
Funktionalität statt Kunst
Der BGH betonte, dass der bestehende Gestaltungsspielraum hier nicht künstlerisch ausgeschöpft worden sei, sondern das Design der Birkenstock-Sandalen primär auf Funktionalität ausgerichtet sei. Die Sandalen seien nicht als künstlerisches Werk konzipiert, sondern als praktische Produkte für den Alltag. Das einfache und funktionale Design der Schuhe erfülle nicht die Voraussetzungen für den Urheberrechtsschutz.
Auswirkungen der Entscheidung
Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Folgen für die Frage, inwieweit Alltagsgegenstände, die keine offensichtlichen künstlerischen Merkmale aufweisen, urheberrechtlich geschützt werden können. Sie zeigt, dass Urheberrechtsschutz in Deutschland nur für Werke gewährt wird, die eine ausreichende schöpferische Höhe erreichen und nicht lediglich funktionale Merkmale aufweisen.
Designschutz statt Urheberrecht?
Birkenstock kündigte dennoch an, weiterhin rechtlich gegen Nachahmer vorzugehen. Dies dürfte nach dem BGH-Urteil schwierig werden. Zwar gibt es noch den Designschutz – dafür sind die Fristen für die Birkenstocksandalen aber mittlerweile längst abgelaufen. Denn die Schutzdauer eines eingetragenen Designs beträgt maximal 25 Jahre ab dem Anmeldetag, die Sandalen wurden aber bereits in den 1970er-Jahren geschaffen. Da wäre ein urheberrechtlicher Schutz, der erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt, vorteilhafter gewesen. Aber eine Sandale bleibt dann eben doch nur eine Sandale …