Update zur Modernisierung des Patentrechts
Die geplante Modernisierung des deutschen Patentrechts schreitet voran. Seit dem ersten Entwurf zur Reform des deutschen Patentgesetzes aus dem Januar 2020 wurden zwei weitere Entwürfe vorgelegt. Hier haben sich insbesondere bei der Reform des Unterlassungsanspruchs erhebliche Änderungen ergeben, die weiterhin für kontroverse Diskussionen sorgen.
Der erste Entwurf zur Reform des deutschen Patentgesetzes datiert aus Januar 2020 und war bereits Gegenstand eine Beitrags aus Februar 2020, den Sie hier abrufen können. Als wesentlichste Aspekte des Reformvorhabens wurden bereits in unserem ersten Beitrag die Straffung des Patentnichtigkeitsverfahrens sowie die Aufnahme eines Verhältnismäßigkeitsvorbehalts bezüglich des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs identifiziert. Bezüglich dieser wesentlichen Punkte ergeben sich aus den jüngsten Gesetzesentwürfen und deren Diskussion in den Fachkreisen einige Entwicklungen, die wir im Folgenden zusammengefasst darstellen.
Reform des Unterlassungsanspruchs
Der zuletzt vorgelegte Gesetzesentwurf sieht bezüglich des geplanten Verhältnismäßigkeitsvorbehalts einige Anpassungen vor, deren rechtliche Relevanz bereits Gegenstand von Diskussionen ist.
In der Diskussion der verschiedenen Entwürfe wird anerkannt, dass der Unterlassungsanspruch schon jetzt eingeschränkt sein kann. Beispielsweise soll dem Patentverletzer gemäß der „Wärmetauscher“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Mai 2016 (BGH X ZR 114/13) in Ausnahmefällen eine Aufbrauchsfrist einzuräumen sein. Erheblich unterschiedliche Meinungen gibt es jedoch dazu, welcher Umfang für eine solche Einschränkung anzustreben ist und zu welchem Umfang die vorgesehene Gesetzesformulierung tatsächlich führt.
Gemäß dem nun vorliegenden Regierungsentwurf ist der Unterlassungsanspruch „ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde.“
Es ist somit nunmehr explizit klargestellt, dass eine Bewertung der Umstände vom Einzelfall abhängig erfolgt.
Nach der neuen Fassung sollen außerdem auch eventuelle Härten für Dritte zu einer Einschränkung des Unterlassungsanspruchs führen können. Hierbei kann es sich beispielsweise um Kunden des Patentverletzers handeln, die auf die patentverletzenden Produkte angewiesen sind und denen keine alternative Bezugsquelle zur Verfügung steht, vorausgesetzt, dass sich hieraus im Einzelfall eine nicht gerechtfertigte Härte ergibt. Gemäß der Begründung des Entwurfs wird hierdurch neben der bereits heute bestehenden Möglichkeit einer Zwangslizenz die Option geschaffen, eine weniger intensiv wirkende Maßnahme anzuordnen, beispielweise indem der Unterlassungsanspruch nur zeitlich begrenzt eingeschränkt wird.
Gegenüber dem ersten Entwurf findet sich hingegen kein expliziter Verweis mehr auf eine Berücksichtigung des Interesses des Patentinhabers. Es wird weiter diskutiert, ob dieses Interesse bereits ausreichend dadurch berücksichtigt ist, dass nur solche Härten zum Ausschluss des Unterlassungsanspruchs führen können, die nicht durch das Ausschließlichkeitsrecht gerechtfertigt sind, welches den Patentinhaber ja gerade berechtigt, andere Marktteilnehmer in ihrer Handlungsfreiheit einzuschränken.
Weiterhin ist nun vorgesehen, dass der verletzte Patentinhaber bei einer Einschränkung des Unterlassungsanspruchs einen Ausgleich in Geld verlangen kann, soweit dies angemessen erscheint. Dieser Ausgleichsanspruch ist von einem eventuellen Schadensersatzanspruch unabhängig. Insbesondere soll ein Ausgleich in Geld auch dann verlangt werden können, wenn ein Schadensersatzanspruch bei einer schuldlosen Patentverletzung ausscheidet.
Reform des Patentnichtigkeitsverfahrens
Betreffend die Straffung des Patentnichtigkeitsverfahrens haben sich gegenüber dem ersten Vorschlag keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen ergeben. Insbesondere ist weiterhin vorgesehen, dass die Frist für den Patentinhaber zur Vorlage seiner Verteidigungsargumente gegen die Nichtigkeitsklage zwei Monate beträgt und nur in Ausnahmefällen auf drei Monate verlängerbar ist. Gleichzeitig soll das Bundespatentgericht seinen vorläufigen gerichtlichen Hinweis möglichst innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erstellen.
Weitere vorgeschlagene Änderungen
Unter den weiteren Neuerungen ist angesichts der derzeitigen Pandemielage eine in dem nun vorliegenden Entwurf neu vorgesehene Regelung zu erwähnen. Gemäß dieser Regelung soll die Durchführung von Anhörungen und Vernehmungen vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zukünftig per Videokonferenz möglich sein.
Fazit
Das Verfahren zu der geplanten Patentrechtsreform ist bereits weit fortgeschritten. Angesichts der andauernden Diskussion über die Einschränkung des Unterlassungsanspruchs bleiben eventuell entscheidende Einzelheiten jedoch weiterhin abzuwarten. Über den weiteren Fortschritt werden wir Sie auf dem Laufenden halten.