Das Einheitspatent in der Vertragspraxis
Neue regelungsbedürftige Aspekte für bestehende und zukünftige Verträge
Ein Thema, welches sich in Bezug auf das Einheitspatentsystem nicht unmittelbar aufdrängt, ist die Frage, inwiefern die Einführung des Einheitspatents im Rahmen der Gestaltung von Verträgen mit Patentbezug zu berücksichtigen ist. Hierunter fallen klassische Lizenzverträge ebenso wie F&E Verträge, Konsortialverträge und sonstige Vereinbarungen, die Regelungen über die Begründung oder Nutzung von Patenten enthalten.
Tatsächlich ergeben sich für die Gestaltung solcher Verträge durch die Einführung des Einheitspatentsystems neue regelungsbedürftige Aspekte, welche in bestehenden Verträgen häufig noch nicht hinreichend berücksichtigt sein dürften. Hieraus ergibt sich insbesondere im Hinblick auf die nachfolgenden Punkte für zukünftige Verträge neuer Regelungsbedarf und für bestehende Verträge der Bedarf einer Bestandsaufnahme und gegebenenfalls einer Nachverhandlung.
Rechtswahl durch Anmeldung
Gemäß Art. 7 der Verordnung 1257/2012 richtet sich das auf ein Einheitspatent als Gegenstand des Vermögens in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten anwendbare Recht danach, wo der Patentanmelder zum Zeitpunkt der Einreichung einer Anmeldung eines Europäischen Patents seinen Wohnsitz oder den Sitz seiner Hauptniederlassung hat. Sind im Europäischen Patentregister zwei oder mehrere Personen als gemeinsame Patentanmelder eingetragen, so ist der Sitz des erstgenannten Anmelders maßgeblich. Entsprechend kann im Falle einer gemeinsamen Patentanmeldung zukünftig die Frage, welcher Anmelder zuerst zu benennen ist, erhebliche Bedeutung gewinnen und sollte in Bezug auf Einheitspatente vertraglich berücksichtigt werden.
Opt-out-Anträge
Eine im Detail durchaus komplexe Thematik ergibt sich aus der Möglichkeit zur Stellung von Opt-out-Anträgen in Bezug auf europäische Patente, die vor Ablauf der Übergangszeit erteilt oder beantragt wurden.
Das Recht zum Opt-out steht grundsätzlich dem Inhaber bzw. Anmelder des Patentes zu, was insbesondere im Rahmen von exklusiven Lizenzverträgen zu widerstreitenden Interessen führen kann. So kann die Abwägung der Vorteile einer einheitlichen Rechtsdurchsetzung mit den Nachteilen der Gefahr eines zentralen Angriffs auf das Patent für Lizenzgeber und Lizenznehmer im Einzelfall durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse bezüglich der Stellung eines Opt-out-Antrags sollte daher vertraglich geregelt sein.
In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass z.B. der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz nach dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht grundsätzlich selbstständig klagebefugt ist. Macht der (exklusive) Lizenznehmer eine Klage vor dem Einheitlichen Patentgericht anhängig bevor ein Opt-out erklärt wurde, verliert der Patentinhaber die Möglichkeit für ein Opt-out. Auch im Hinblick auf die Regelungen zur Durchsetzung der Patente kann sich somit neuer Regelungsbedarf ergeben. Dies gilt umgekehrt auch für die Möglichkeit, von einem einmal erklärten Opt-out zurückzutreten, was nur solange möglich ist, wie noch keine Klage vor einem nationalen Gericht erhoben wurde.
In Bezug auf erteilte EP-Patente ist zudem zu beachten, dass ein Opt-out-Antrag nur einheitlich für alle validierten Teile gestellt werden kann, was immer dann zu Regelungsbedarf führt, wenn die unterschiedlichen Teile nicht durch den gleichen Inhaber gehalten werden. Im Fall einer gemeinsamen Inhaberschaft ist zu beachten, dass der Opt-out grundsätzlich für alle Anmelder bzw. Inhaber gemeinsam erklärt werden muss, so dass die Frage zwischen gemeinsamen Anmeldern bzw. Inhaber einer vorherigen Klärung bedarf.
Resümee
Aus der Einführung des Einheitspatents ergeben sich eine ganze Reihe neuer, regelungsbedürftiger Aspekte, die in der Gestaltung von Verträgen mit Patentbezug berücksichtigt werden sollten. Dies gilt einerseits für künftige Verträge. Da diese Thematik in bereits bestehenden Verträgen in der Regel nicht berücksichtigt sein wird, sollte andererseits auch eine Prüfung bestehender Verträge erfolgen, um offene, regelungsbedürftige Punkte frühzeitig mit den Vertragspartnern zu diskutieren. Auch nach dem Inkrafttreten des Einheitlichen Patentgerichts sollte ein Opt-out, sofern noch keine Klage anhängig ist, zeitnah geprüft und angegangen werden.