Deutsches Patent im Licht des EPG

Neben dem europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent), das seine Schutzwirkung auch in Deutschland entfaltet, bleibt die Existenz eines nationalen deutschen Schutzrechts bestehen, das vermutlich zukünftig sogar wichtigere, flankierende Rolle spielen wird.

Nach der bisherigen Regelung des IntPatÜG zu dem europäischen Bündelpatent, gilt, dass soweit der Gegenstand eines deutschen Patents eine Erfindung ist, für die demselben Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein europäisches Bündelpatent mit derselben Priorität erteilt worden ist, dann hat das deutsche Patent in dem Umfang, in dem es dieselbe Erfindung wie das europäische Bündelpatent schützt, von einem bestimmten Zeitpunkt nach Erteilung des Bündelpatents keine Wirkung mehr (Doppelschutzverbot).

Teilweiser Fortfall des Doppelschutzverbots

Nach der neuen Regelung des IntPatÜG von 2021 gilt das Doppelschutzverbot nur für diejenigen europäischen Bündelpatente für die wirksam ein Ausschluss aus dem Einheitspatentgerichtssystem erklärt wurde (sog. „Opt-out“), da das Einheitspatent im Verhältnis zu nationalen Patenten selbst keinen Doppelschutz vorsieht. Wenn die Erklärung des Ausschlusses zurückgenommen wird (sog. „Opt-in“), bleibt das Doppelschutzverbot allerdings dann auch bestehen und das deutsche nationale Schutzrecht verbleibt im Überlapp des Schutzbereichs wirkungslos.

Das bedeutet im Ergebnis für alle Einheitspatente und alle europäischen Bündelpatente, für die kein expliziter Ausschluss aus dem neuen Einheitspatentgerichtssystem erklärt wurde, dass ein nationales deutsches Patent, das nach dem Start des neuen Systems erteilt wurde, neben dem europäischen Patent auch im Überlapp des Schutzbereichs Wirkung entfalten kann.

Dadurch eröffnen sich für Inhaber strategische Vorteile.

Strategische Vorteile

Gegenwärtig ist das neue Einheitspatentgerichtssystem für Nichtigkeits- und für Verletzungsklagen mit einer großen Unsicherheit verbunden. So lässt sich die zu erwartende Rechtsprechung und die Verfahrensführung in dem neuen Einheitspatentgerichtssystems nur schwer abschätzen. Demgegenüber steht ein bewährtes nationales deutsches System aus Bundespatentgericht und Landgerichten, welches über viele Jahre eine gefestigte und abschätzbare Rechtsprechung entwickelt haben. Für Kläger bedeutet das ein erhöhtes Maß an Sicherheit. Dazu weist Deutschland den größten Markt innerhalb Europas und den teilnehmenden Staaten des Einheitspatentsystems auf.

Inhaber eines nationalen deutschen und eines europäischen Patents können sich somit das System für eine Klage aussuchen und insbesondere zu Beginn des neuen Einheitspatentsystems auf ein bewährtes Klagesystem zurückgreifen, welches den wirtschaftlich relevantesten Bereich Europas abdeckt.

Dazu bildet ein deutsches nationales Patent eine wertvolle Rückfallposition, falls das Einheitspatent keinen Bestand haben sollte. Im Fall der Fälle bietet ein deutsches nationales Schutzrecht somit die Möglichkeit, dass ein deutsches Gericht für den Markt in Deutschland auf Basis der bisherigen bewährten Rechtsprechung die Patentfähigkeit (anders) beurteilt als das UPC.

Vorteile paralleler deutscher Anmeldungen

Darüber hinaus weist das deutsche Patentsystem zwei weitere Besonderheiten auf.

Zunächst kann eine deutsche Patentanmeldung parallel zu einer europäischen Patentanmeldung aus einer internationalen Patentanmeldung (PCT) heraus eingereicht werden.

Zudem kann nach Einreichen einer deutschen Patentanmeldung ein Prüfungsantrag bis maximal 7 Jahre nach dem Anmeldetag zurückgestellt werden.

Somit besteht die Möglichkeit eine deutsche Patentanmeldung bei vergleichsweise geringen Amtsgebühren ruhen zu lassen und parallel dazu ein Einheitspatent zu verfolgen. Im Falle eines Scheiterns der europäischen Patentanmeldung oder des Verlusts des Einheitspatents oder neuer Erkenntnisse, die einen geänderten Schutzbereich rechtfertigen, könnte dann erst später ein Prüfungsantrag für die deutsche Patentanmeldung gestellt werden und so weiterhin ein wesentlicher Teil Europas in einem relevanten Umfang abgedeckt werden.

In die Zukunft blickend sei noch ergänzt, dass nach Wegfall der Option des Opt-outs nach Ablauf einer Übergangsperiode von derzeit 7 Jahren, beabsichtigt ist, dass sämtliche europäische Patente mit oder ohne einheitliche Wirkung für die teilnehmenden EU-Staaten in die ausschließliche Gerichtsbarkeit des UPC fallen und somit spätestens dann eine deutsche Schutzrechtsanmeldung die einzige Möglichkeit darstellt mit der Erfindung in die bewährte Gerichtsbarkeit der deutschen Gerichte zu gelangen.

Dadurch gewinnt das deutsche nationale Patent im Hinblick auf des neue Einheitspatentsystem schon jetzt für die Entscheidung wo angemeldet werden soll eine nicht zu unterschätzende strategische Bedeutung, deren sich Anmelder bewusst sein sollten. Gerne stehen wir Ihnen für eine maßgeschneiderte Beratung zum den strategischen Optionen zur Verfügung.