Geltung und Durchsetzung von Urteilen des EPG
Entscheidungen des EPG gelten unmittelbar für alle Vertragsmitgliedstaaten. Ist Gegenstand der Entscheidung ein Bündelpatent, so gilt die Entscheidung natürlich nur für diejenigen Vertragsmitgliedstaaten, in denen das Bündelpatent auch zum Zeitpunkt der Entscheidung validiert ist. In beiden Fällen reicht die territoriale Wirkung damit über den jeweils einzelnen Staat, in dem möglicherweise eine Patentverletzung festgestellt wurde, weit hinaus; die bisher nur in bestimmten Konstellationen anerkannte „cross-border injunction“ wird damit zum Regelfall.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Zudem sind bereits erstinstanzliche Entscheidungen des EPG vollstreckbar. Die Vollstreckung kann das EPG allenfalls von einer Sicherheit abhängig machen. Das Berufungsgericht kann die Vollstreckung auf Antrag nach seinem Ermessen aussetzen. Zu beachten ist aber, dass die Vollstreckung einer nicht rechtskräftigen Entscheidung stets das Risiko birgt, dass die Entscheidung vom Berufungsgericht aufgehoben wird und für die Vollstreckung in Folge Schadensersatz zu leisten ist.
Die Vollstreckung ist möglich, sobald die Entscheidung zugestellt wurde und der Vollstreckende formal eine Vollstreckungsankündigung tätigt.
Zustellung per E-Mail
Verzögerungen bei der Zustellung über den Postweg sind regelmäßig insbesondere deshalb nicht zu erwarten, weil Beklagte, wenn sie sich gegen eine Klage verteidigen möchten, eine Email-Adresse angeben müssen (und andernfalls ein Versäumnisurteil riskieren) und die Zustellung der Entscheidung an diese E-Mail-Adresse erfolgen kann.
Übersetzungen sind nur erforderlich, soweit Vollstreckungshandlungen durch die Organe der Mitgliedstaaten vorgenommen werden sollen (hierzu sogleich). Für diesen Fall ist aber für jeden entsprechenden Vertragsmitgliedstaat eine Übersetzung vorzunehmen.
Zwangsgelder
Leistet der Verurteilte Unterlassungs- oder Handlungspflichten (z.B. Auskunftserteilung) keine Folge, so kann das EPG Zwangsgelder verhängen (die an das EPG zu zahlen sind). Die Durchsetzung von Zwangsgeldern sowie anderen Geldforderungen (insbesondere also Ansprüchen auf Schadensersatz und Prozesskostenerstattung) ist aber national mit den dort jeweils zuständigen Vollstreckungsorganen und nach den dortigen Vorschriften vorzunehmen. In Deutschland beispielsweise kann in alle dort belegenen vermögenswerten Rechte des Beklagten wie Sacheigentum, Bankkonten oder Forderungen gegen Dritte vollstreckt werden.