Einstweiliger Rechtsschutz
Im Patentverletzungsverfahren vor dem Einheitspatentgericht (EPG) kann der Kläger eine letztverbindliche Entscheidung insbesondere über Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz sowie auch Rückruf und Vernichtung wegen Patentverletzung erlangen. Die Vorschriften zum EPG ermöglichen neben und/oder vor einem solchen Hauptsacheverfahren einstweiligen Rechtsschutz. Einstweilig meint dabei, dass Rechtsschutz schneller als im Hauptsacheverfahren erlangt werden kann, dieser aber nur vorläufig ist, d.h. bei einem abweichenden Ergebnis im Hauptsacheverfahren einstweilig getroffene Maßnahmen wieder aufgehoben werden (können).
Die Maßnahmen, die vom Gericht einstweilig getroffen werden können, lassen sich dabei in drei Kategorien einteilen.
Kategorien einstweiliger Maßnahmen
Kategorie 1 – vorübergehende Anordnung entsprechend Hauptsache
In die erste Kategorie fallen Maßnahmen, mit denen die Rechtsfolgen eines Hauptsacheverfahrens teilweise schon vorab eintreten können. Die Vorschriften des EPG erlauben diesbezüglich, dass eine Verpflichtung zur Unterlassung (mit Zwangsgeldern bei Verstoß gegen dieselbe) sowie eine Beschlagnahme von potenziell patentverletzenden Gegenständen schon vorab möglich ist.
Kategorie 2 – Anordnung zur Vorbereitung der Hauptsache
In die zweite Kategorie fallen Maßnahmen, mit denen der Erfolg eines Hauptsacheverfahrens eruiert werden kann, namentlich eine vorläufige Beweisaufnahme, z.B. die Untersuchung einer potenziell patentverletzenden Maschine unter Hinzuziehung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen.
Kategorie 3 – Sicherungsmaßnahmen für monitäre Ansprüche
In die dritte Kategorie fallen Maßnahmen, mit denen sich aus dem Hauptsacheverfahren ergebende monetäre Ansprüche, insbesondere also Schadensersatz und Prozesskostenersatz, vorläufig durch die Beschlagnahme von Vermögenswerten gesichert werden.
Einstweilige Maßnahmen können vor oder neben einem Hauptsacheverfahren beantragt werden. Wird kein Hauptsacheverfahren eingeleitet, kann der von den einstweiligen Maßnahmen betroffene verlangen, dass der Antragsteller ein solches einleitet oder die einstweiligen Maßnahmen aufgehoben werden.
Zeitlicher Ablauf
Die zeitliche Dauer des einstweiligen Verfügungsverfahrens kann sich zwischen wenigen Stunden oder Tagen bis zu mehreren Wochen oder Monaten bewegen. Primär ist dies im Einzelfall davon abhängig, ob das Gericht dem Antragsgegner Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme gibt und/oder eine mündliche Verhandlung durchführt. Dies ist wiederum primär davon abhängig, mit welchem Grad an Gewissheit sich die Frage von Patentverletzung und Rechtsbeständigkeit beantworten lässt und wie dringlich die beantragte Maßnahme für den Antragsteller ist (also ob er bspw. geltend machen kann, dass ohne eine sehr eilige Entscheidung innerhalb weniger Tage schwere und irreparable wirtschaftliche Schäden drohen).
Schutzschriften
Ein potenzieller Antragsgegner kann eine sog. Schutzschrift zu hinterlegen, also eine schriftliche Zusammenfassung sämtlicher Verteidigungsmittel. Besteht der Verdacht, dass eine einstweilige Maßnahme beantragt wird, sichert die Schutzschrift, dass Verteidigungsmittel vom Gericht zur Kenntnis genommen und einstweilige Maßnahmen entsprechend abgelehnt, oder zumindest weitere Möglichkeiten zur Stellungnahme eingeräumt werden.