EPG: Case manage­ment und Verfahrens­ablauf

Der Verfahrensablauf des aus praktischer Sicht wichtigsten Verfahrens vor dem Einheitspatentgericht (EPG), des Verletzungsverfahrens (zusammen mit der Nichtigkeitswiderklage und in Folge etwaigen Beschränkungen des Klagepatents), ergibt sich, was den Austausch von Schriftsätzen zwischen den Parteien anbelangt, aus dem entsprechenden Schaubild aus der Verfahrensordnung:

Schaubild Verfahrensablauf Verletzungsverfahren

Hierzu sind folgende Erläuterungen und Ergänzungen wichtig:

Weitere Verfahren

Nicht abgebildet ist der sog. vorläufige Einspruch. Mit einem solchen muss der Beklagte einen Monat nach Zustellung der Klageschrift etwaige Rügen formaler Natur die Zuständigkeit oder Verfahrenssprache betreffend vorbringen.

Nicht abgebildet ist weiterhin die Möglichkeit des Gerichts, das Verfahren auszusetzen. Praktisch relevante Fälle sind insbesondere, wenn der Beklagte statt der Nichtigkeitswiderklage eine separate Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent erhebt (was bspw. auch noch nach der Drei-Monats-Frist, die nur für die Widerklage gilt, möglich ist) und/oder einen Einspruch gegen dieses beim EPA einlegt. Praktisch relevant sind auch die Fälle, in denen sich eine Lokalkammer entscheidet, statt über die Nichtigkeitswiderklage selbst zu verhandeln, diese an die Zentralkammer zu verweisen und das Verletzungsverfahren auszusetzen, bis über diese entschieden ist.

Fristen

Zudem gelten die in der Abbildung genannten Fristen nicht zwingend, sondern können auf Antrag einer Partei verlängert werden. Ein mögliches Beispiel ist der Fall, in dem der Beklagte vorträgt, dass er die Drei-Monats-Frist für die Nichtigkeitswiderklage auf Grund einer aufwendigen Recherche nach Stand der Technik nicht einhalten kann und daher nicht auf die separate Nichtigkeitsklage verwiesen sein möchte.

An die oben genannten Schriftsatzfristen schließt sich sodann das Zwischenverfahren an, für das regulär drei Monate vorgesehen sind. Die mündliche Verhandlung soll zeitnah nach dem Zwischenverfahren stattfinden. Insgesamt ist damit im Idealfall eine Verfahrensdauer zwischen 9 und 11 Monaten angestrebt.

Zwischenverfahren

Im Zwischenverfahren wird im Zusammenspiel mit dem Gericht die mündliche Verhandlung vorbereitet. Insbesondere kann dort erörtert werden, ob bestimmte Zeugen vorzuladen sind oder ein Sachverständiger vom Gericht zu bestellen ist. Die Parteien können im letzteren Fall insbesondere Anregungen für die Person des Sachverständigen und Fragen an diesen geben. Nach Erteilung des Sachverständigengutachtens können sie hierzu noch im Zwischenverfahren schriftlich Stellung nehmen.

Bereits vor Beginn des Zwischenverfahrens kann das Gericht außerdem Einfluss auf die Verfahrensführung nehmen, beispielsweise indem es Parteien anweist, bestimmte Beweismittel vorzulegen.

Rechtsmittel

Gegen ein Urteil im Verletzungsverfahren kann Berufung eingelegt werden. Der Ablauf des Berufungsverfahrens entspricht im Wesentlichen dem des erstinstanzlichen Verfahrens, wobei regelmäßig kein neuer Tatsachenvortrag und kein neuer Stand der Technik eingebracht werden kann. Die Parteien greifen im Berufungsverfahren also betreffend Verletzung und Rechtsbestand auf ihren Vortrag aus der ersten Instanz zurück. In den meisten Fällen steht daher jeder Partei auch nur ein Schriftsatz zu (anders als die zwei bis drei Schriftsätze im erstinstanzlichen Verfahren). Im Ergebnis soll damit auch das Berufungsverfahren im Idealfall nicht länger als ein Jahr dauern, sodass eine endgültige Entscheidung schon nach ca. zwei Jahren vorliegen kann.