LAG Düsseldorf – Anforderungen an vertragliche Regelungen als angemessene Maßnahme zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen
Das am 1. April 2019 in Kraft getretene Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) ist nach wie vor nur in sehr überschaubarem Rahmen Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen. Entsprechend groß ist nach wie vor die Unsicherheit, wie die Tatbestandsmerkmale des Gesetzes von der Rechtsprechung letztlich ausgelegt werden und welche Folgen dies für die Praxis hat.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 3. Juni 2020 – 12 SaGa 4/20, hier abrufbar) hat nunmehr in einer Entscheidung dazu Stellung genommen, ob und unter welchen Voraussetzungen vertragliche Regelungen als angemessene Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Sinne des § 1 b) GeschGehG sein können.
Auch vertragliche Regelungen allein können angemessene Schutzmaßnahmen darstellen – wenn sie hinreichend konkret sind
Das Gericht führte zunächst aus, dass grundsätzlich auch vertragliche Regelungen allein als angemessene Schutzmaßnahmen für Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 1 b) GeschGehG angesehen werden können. Voraussetzung ist allerdings, dass die betreffenden Geschäftsgeheimnisse und von der vertraglichen Regelung erfassten Unterlagen genauer bezeichnet werden.
Lediglich allgemeine vertragliche Regelungen, wonach alle Informationen und Unterlagen, die im Rahmen der Zusammenarbeit der Parteien ausgetauscht werden, der Pflicht zur Geheimhaltung unterliegen sollen, genügen nach Ansicht der Kammer nicht den Anforderungen an eine angemessene Schutzmaßnahme im Sinne des § 1 b) GeschGehG.
Weitere Voraussetzung ist nach Auffassung des Gerichts, dass sich aus der Umsetzung der bestehenden vertraglichen Regelungen eine gewisse Aktivität in Bezug auf den Geheimnisschutz ergeben muss. Was das Gericht genau hierunter versteht, bleibt leider unklar, jedoch könnte dies durchaus im Sinne einer Forderung nach aktiven Kontrollmaßnahmen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses hinsichtlich der Einhaltung der vertraglichen Regelungen zu verstehen sein.
Würdigung der Umstände des Einzelfalles erforderlich
Das Gericht weist zudem darauf hin, dass die Frage, wann Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen angemessen sind, nach den konkreten Umständen des Einzelfalls im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung beantwortet werden muss. Als Kriterien, die hierfür in Betracht kommen, zählt das Gericht etwa die folgenden auf: Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten; Natur der Information, Bedeutung für das Unternehmen; Größe des Unternehmens; die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen, vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern.
Folgen für die Praxis
Die Entscheidung und insbesondere die relativ umfangreichen Ausführungen des Gerichts zeigen, dass nach wie vor in erheblichem Maße Unsicherheit bei der Beantwortung der Frage besteht, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, damit eine angemessene Schutzmaßnahme für Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 1 b) GeschGehG vorliegt. Beachtung finden sollten insbesondere die Ausführungen des Gerichts zu der Problematik einer pauschalen Bezeichnung des Schutzgegenstandes. Diese Problematik wird sich häufig dann stellen, wenn veraltete Vereinbarungsmuster aus der Zeit vor Inkrafttreten des GeschGehG verwendet werden. Hier sollte darauf geachtet werden, dass die entsprechenden Klauseln – beispielsweise mittels dynamischer Verweisungen – entsprechend konkretisiert werden. Zudem ist es empfehlenswert, die entsprechenden Unterlagen und Informationen, in denen die zu schützenden Geschäftsgeheimnisse verkörpert sind, entsprechend klar zu kennzeichnen.
Zudem sollten vertragliche Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen immer nur ein Baustein eines umfassenderen Geheimnisschutzkonzepts sein, das daneben auch technische und organisatorische Schutzmaßnahmen sowie eine Kategorisierung der Geschäftsgeheimnisse und deren Schutzniveaus beinhaltet.